Daisy Duck hat geschrieben:Hallo,
dass die Sanatio die kirchliche Ehe betrifft, ist mir klar.
Meine Frage ist, ob mit einer Sanatio in Radice eine standesamlich geschlossene Ehe (kirchlich) gültig machen kann?
Das ist wie bei Radio Eriwan: Im Prinzip ja...
Zunächst mal ist richtig, dass das einzige, was der standesamtlichen Eheschließung zur Gültigkeit in der RKK fehlt, die Beachtung der kanonischen Formpflicht ist. Deswegen passiert es ja auch, dass eine rein standesamtliche Vorehe zweier Protestanten nach rk. Kirchenrecht eine unauflösliche Ehe darstellt, die einer rk. Trauung mit einem anderen Partner (nach ziviler Scheidung) im Wege stehen kann: Protestanten unterliegen der Formpflicht nicht.
Da mit der sanatio in radice die Verletzung der Formpflicht geheilt werden kann, ist es also theoretisch möglich, so die standesamtliche Eheschließung zweier römischer Katholiken kanonisch gültig zu machen.
Aber...
Daisy Duck hat geschrieben:Im Juraforum hab ich folgendes gefunden:
"Liegen schwerwiegende Gründe vor (z. B. der Partner verweigert eine kirchliche Eheschließung), kann vor der Eheschließung von der Formpflicht durch den katholischen Ortsordinarius befreit werden. Dauert der Ehewille beider Partner fort, kann aus den gleichen Gründen diese rein standesamtliche Ehe nachträglich und rückwirkend anerkannt werden (Gültigmachung, "sanatio in radice")."
Zunächst mal stimmt der Parallelismus nicht vollständig: Bei zwei rk. Partnern kann von der Formpflicht
nicht vorab dispensiert werden, aber die sanatio ist möglich. Dispens gibt es nur für Mischehen.
Jetzt steht da aber was vom Ehewillen. Und dieser Ehewille muss sich auf die Ehe beziehen, wie sie die RKK versteht, mit allen Eigenschaften (Unauflöslichkeit, Sakrament, Offenheit für Kinder...). Der so verstandene Ehewille muss zum Zeitpunkt der standesamtlichen Trauung bestehen und auch noch zum Zeitpunkt der sanatio. Hat ein rk. Partner die kirchliche Eheschließung verweigert, können da leicht Zweifel auftauchen, ob er einen solchen Ehewillen hatte (denn warum würde er sich sonst so bockig sträuben?)... und dann geht's eben nicht.
Daisy Duck hat geschrieben:Die Frage hierbei ist nur, ob das auch funtioniert, wenn beide Partner katholisch sind (keiner ist ausgetreten, also offensichtlich vom Glauben abgefallen)?
Und deswegen die Radio-Eriwan-Antwort: Theoretisch geht's. Aber den praktischen Anwendungsfall, wo es geht, will ich erst mal sehen.
Gehen dürfte es bei Austrittsfällen: Durch den Austritt wird ja nicht mehr wie früher die Formpflicht aufgehoben. Und eine Mischehe liegt bei einem Paar aus einem römischen Katholiken und einem aus der RKK Ausgetretenen ja auch nicht vor, weil letzterer aus Sicht der RKK weiter als römisch-katholisch gilt - abtrünnig und exkommuniziert, aber doch römisch-katholisch. Eine Formdispens geht also nicht.
Nehmen wir mal an, römische Katholikin A will den Atheisten B heiraten:
Fall 1) B ist ungetauft, war also per Definition auch nie rk.: A kann eine Dispens sowohl vom Ehehindernis der Religionsverschiedenheit als auch von der kanonischen Formpflicht bekommen. B muss nur den Willen zur rk. definierten Ehe erklären.
Fall 2) B war rk. getauft, ist aber ausgetreten: A kann eine Trauerlaubnis unter denselben Bedingungen wie beim Ehehindernis der Religionsverschiedenheit bekommen, aber keine Dispens von der Formpflicht. Die Ehe könnte also anders als in Fall 1 nur kirchlich geschlossen werden.
Wenn jetzt in Fall 2 die beiden standesamtlich heiraten, etwas später aber A die sanatio in radice beantragt und dabei erklärt, die kirchliche Ungültigkeit ihrer Ehe sei für sie unerträglich und B habe ja auch gar nichts gegen eine Ehe im rk. Sinne oder gegen die Kirche usw., sondern sei nur nicht zu einem Traugottesdienst zu bewegen, dann kann A sicherlich die sanatio in radice bekommen (und hätte damit die Unmöglichkeit einer Formdispens faktisch umgangen...).
Bei zwei "Vollmitgliedern" scheint mir das wie gesagt schwieriger, weil das mit dem rechten Ehewillen fraglich ist. Vorstellen könnte man sich den Atheisten B jetzt als "katholische Karteileiche": Er ist - warum auch immer - nie ausgetreten, will aber auch keinen Fuß in eine Kirche setzen. Wenn B glaubhaft erklären kann, dass er nichts gegen das rk. Ehekonzept habe, bloß etwas gegen einen Traugottesdienst, dann mag es vielleicht funktionieren, aber ich stelle mir das Bischöfliche Ordinariat da sehr skeptisch vor.
Daisy Duck hat geschrieben:Und worum genau handelt es sich bei der "Convalidatione simplici"?
Convalidatio simplex ist einfach die Wiederholung der Eheschließung in der korrekten kanonischen Form. Dann ist man natürlich kirchlich verheiratet, aber nicht rückwirkend.