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Rechtsfolgen des Kirchenaustritts (Prozess Zapp)

Verfasst: Sonntag 30. August 2009, 16:19
von theo
Hallo,

obwohl - oder gerade weil - ich (katholischer) Theologe bin, verstehe ich bei der aktuellen Auseinandersetzung um das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg über die Rechtsfolgen des Kirchenaustritts (hier die Pressemeldung des Gerichts und die Stellungnahme des Erzbistums) nicht, warum diese Frage überhaupt ein ziviles Gericht beschäftigt.

Welche Folgen hat eine (behauptete) Kirchenmitgliedschaft ohne die Bereitschaft, Kirchensteuer zu zahlen, für staatliche Stellen denn, außer dass das Finanzamt eben keine Kirchensteuer mehr einbehält? Ob die jeweilige Kirche den Zahlungsunwilligen weiterhin als Mitglied betrachtet, ist doch eine reine kircheninterne Frage. Oder?

theo

Re: Rechtsfolgen des Kirchenaustritts (Prozess Zapp)

Verfasst: Montag 31. August 2009, 09:52
von Engelbert FRANK
Es stimmt: Ob die jeweilige Kirche den zahlungsunwilligen (vor der zivilen Behörde ausgetretenen) Katholiken weiterhin als Mitglied betrachtet, ist eine kircheninterne Frage. Der Kirchenaustritt selbst ist aber ein Verwaltungsakt vor einer zivilen Behörde und muss deshalb im Streitfall auch von einem staatlichen Gericht überprüft werden.

Re: Rechtsfolgen des Kirchenaustritts (Prozess Zapp)

Verfasst: Montag 31. August 2009, 12:12
von theo
Ich lese gerade (- Lesen gefährdet ja bekanntlich die Dummheit! ;) -) in der Pressemeldung des Gerichts, dass es in dem Verfahren nur um die Frage ging, ob ein Austretender auf seiner Austrittserklärung den Zusatz "römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechtes" hinzufügen darf.

Dann aber verstehe ich die Aufregung des Erzbistums nicht: Es ist doch seine eigene Sache, wie es den Akt zu werten gedenkt - egal, was der Betreffende auf einem staatlichen Formular alles geschrieben hat. Genau das hat das Gericht in der Tat auch festgestellt.

theo

Re: Rechtsfolgen des Kirchenaustritts (Prozess Zapp)

Verfasst: Mittwoch 23. September 2009, 23:41
von Wiebke
theo hat geschrieben:Dann aber verstehe ich die Aufregung des Erzbistums nicht: Es ist doch seine eigene Sache, wie es den Akt zu werten gedenkt - egal, was der Betreffende auf einem staatlichen Formular alles geschrieben hat.
Schon, ja, aber den deutschen Bischöfen passt es ja nicht, dass es einen staatlichen Kirchenaustritt geben könnte, den sie nicht auch intern als Glaubensabfall/Trennung durch Formalakt... ansehen können.

Da dem Erzbistum klar war, dass es unter den gegebenen Umständen nicht damit durchkäme, Herrn Zapp kirchenrechtlich als ausgetreten ("durch Formalakt getrennt",...) anzusehen, musste es den umgekehrten Weg versuchen und die Feststellung begehren, dass er auch nach staatlichem Recht nicht gültig ausgetreten ist. Das geht aber logischerweise nur vor einem staatlichen Gericht.

Die Formulierung von Herrn Zapp finde ich übrigens geradezu genial. Bei jedem Kaninchenzüchterverein und jeder Handelsgesellschaft schreibt man die Rechtsform hinter den eingentlichen Namen, da kann es ja kaum beanstandet werden, wenn jemand das bei einer Kirche macht... Und dass er diese Präzisierung nachher bei seiner kirchenrechtlichen Argumentation gut gebrauchen kann, geht den Staat in der Tat einen feuchten Schnee an.