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Nihil obstat für protestantische Trauung?

Verfasst: Sonntag 14. September 2008, 22:37
von Gast
Hallo zusammen, ich bin gerade auf dieses Forum gestoßen, weil ich in einem ungewöhnlichen Fall recherchiere:

A arbeitet in einer katholischen Bildungseinrichtung, ist aber evangelisch und ledig. Er möchte B (ebenfalls evangelisch) heiraten.

B ist geschieden, somit ist der Arbeitsplatz von A gefährdet, wenn beide heiraten. (Tendenzbetrieb)

B unterzieht sich erfolgreich einem Eheannulierungsverfahren, obwohl sie selbst ebenso wie ihr früherer Ehemann evangelisch sind.

Somit wäre der Weg frei für eine Trauung von A und B.

Auf dem Annulierungs-Dekret steht nun der Hinweis, dass der zuständige Pfarrer vor einer Eheschließung das "nihil obstat" einzuholen hat.

Muss, um keinen Formfehler zu begehen und den Arbeitsplatz letztlich noch zu gefährden, in diesem Fall der EVANGELISCHE Pfarrer für eine rein evangelische Trauung ein "nihil obstat" einholen? Kann er/können A und B dazu verpflichtet werden?

Ich bin gespannt auf Antworten!

Vielen Dank!

Re: Nihil obstat für protestantische Trauung?

Verfasst: Sonntag 14. September 2008, 22:38
von Engelbert Frank
Das "nihil obstat" (nichts spricht dagegen) kann meiner Ansicht nach nur eine Trauung betreffen, an der die katholische Kirche beteiligt ist, was in Ihrem Fall (evangelische Trauung von zwei evangelischen Christen) aber nicht gegeben ist.

Somit besteht meiner Ansicht nach aus katholischer Sicht keine rechtliche Verpflichtung, das "nihil obstat" einzuholen (zumal ein fehlendes "nihil obstat" allein nie die Ungültigkeit einer Eheschließung zur Folge hat).

Es ist andererseits aber auch nicht verboten, wenn sich der evangelische Pfarrer wegen der Trauung an die Bischöfliche Behörde wendet und von dort bestätigt bekommt, dass aus der Sicht der katholischen Kirche nichts gegen eine evangelische Trauung spricht; ein "nihil obstat" im rechtlichen Sinne ist das aber nicht.

Re: Nihil obstat für protestantische Trauung?

Verfasst: Sonntag 14. September 2008, 22:38
von Gast
Hallo Herr Frank!

Herzlichen Dank für die Antwort!

Ich hatte den Ansatz überlegt, dass bei einer Annullierung einer rein evangelischen Ehe meines Wissens nicht die kirchliche, sondern die standesamtliche Trauung in Frage gestellt wird.

Somit wäre die Frage, ob bei einer erneuten rein evangelischen Trauung nicht der Standesbeamte statt des Pfarrers verpflichtet werden müsste, was nach meiner Einschätzung gar nicht ginge.

(Kirchen)-Recht kann schon ganz schön kompliziert sein! ;-))

Re: Nihil obstat für protestantische Trauung?

Verfasst: Montag 4. Mai 2009, 22:14
von Engelbert Frank
Bei der kirchlichen Ungültigkeitserklärung einer Ehe von zwei evangelischen Christen muss zunächst die standesamtliche Heirat untersucht werden, dann aber auch die kirchliche Trauung (Einsegnung der Ehe in der evangelischen Kirche), besonders wenn sie längere Zeit nach der standesamtlichen Heirat erfolgte.

Denn bei einer kirchlich ungültigen standesamtlichen Heirat hätten die Partner auch noch bei der evangelischen Trauung eine für die katholische Kirche gültige Ehe schließen können. Es muss also feststehen, dass sowohl bei der standesamtlichen Heirat als auch bei der evangelischen Trauung keine für die katholische Kirche gültige Ehe zustande kam.

Gegen die Notwendigkeit eines "nihil obstat" in Ihrem Fall spricht in der Tat (und daran habe ich noch gar nicht gedacht), dass schon der Standesbeamte um das "nihil obstat" bitten müsste. Das verlangt aber das katholische Kirchenrecht mit Sicherheit nicht.