Ich hätte eine Frage hinsichtlich des kirchenrechtlichen Status von Terziaren im Vergleich zu Religiosen der 1. bzw. zweiten Orden. Unterstanden diese im MA kirchlichem oder staatlichem Recht oder wo besteht die Scheidelinie?
Besteht ein kirchenrechtlicher Unterschied zwischen regulierten und weltlichen Terziaren?
Insbesondere interessieret mich der Unterschied zwischen regulierten Terziaren und den jeweiligen Entsprechung im 1. und 2. Orden.
Terziaren
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Re: Terziaren
Eventuell findet sich dazu etwas unter: http://www.newadvent.org/cathen/14637b.htm
Re: Terziaren
@ Matthias
Wie mir gesagt wurde, ist die Frage möglicherweise nur anhand von Quellenstudien zu beantworten. In mittelalterlichen oder eher frühneuzeitlichen Summen und Kommentaren zum Ordensrecht müsste sich dazu etwas finden. Vermutlich müsste dieser Frage aber anhand päpstlicher Privilegien für jede einzelne Tertiarengemeinschaft nachgegangen werden.
Wie mir gesagt wurde, ist die Frage möglicherweise nur anhand von Quellenstudien zu beantworten. In mittelalterlichen oder eher frühneuzeitlichen Summen und Kommentaren zum Ordensrecht müsste sich dazu etwas finden. Vermutlich müsste dieser Frage aber anhand päpstlicher Privilegien für jede einzelne Tertiarengemeinschaft nachgegangen werden.
Re: Terziaren
Leider war es dem Bearbeiter dieser Anfrage nicht möglich, eine gründliche und umfassende Antwort zu geben. Dafür wäre ein ausführlicheres Quellenstudium nötig gewesen, das die entsprechenden päpstlichen Bullen und Privilegien auswertet und die mittelalterliche und frühneuzeitliche Kanonistik berücksichtigt. Eine genaue Antwort müßte auch für die einzelnen Regionen und Orden eigens gegeben werden. Das war weder zeitlich noch von der vorhandenen Literatur her möglich.
Grundsätzlich läßt sich festhalten, daß die Tertiaren ein von der Kirche anerkannter und geregelter Stand waren, insofern also natürlich in diesem Bereich durch das Kirchenrecht geleitet wurden, daß sie aber keine Ordensleute waren, was Konsequenzen im Sinne einer größeren Freistellung auch durch das weltliche Recht mit sich gezogen hätte.
Regulierte Tertiaren wurden ab einem bestimmten Zeitpunkt zu Ordensleuten mit den entsprechenden Konsequenzen, die das für kirchliches und weltliches Recht mit sich brachte. Regulierte Tertiaren folgten aber nicht der Regel des Ersten oder des Zweiten Ordens.
I. Entstehung der Tertiaren
Historisch sind die Tertiaren eine Frucht der Beziehungen zwischen dem Leben in der Welt und dem gottgeweihten Leben in einem Orden. Bereits vor der Entstehung der Bettelorden gab es Gruppen von Gläubigen, die sich spontan um ein Kloster bildeten. Diese Gläubigen wurden dadurch an das klösterliche Leben herangeführt und zogen daraus geistliche (und manchmal auch materielle) Vorteile, wobei die rechtliche Natur ihrer Bindung an das Kloster aber schwierig zu definieren ist. Es gab Formeln und Versprechen, mit denen diese Bindung ausgedrückt wurde: „se et sua offerre“, „in castitate vivere“, „professio certae regulae“. Besonders wichtig wurde die Bußbewegung, aus der der Ordo poenitentiae hervorragte. Die Mitglieder trugen ein einfaches und armes Gewand, führten während der Zeit der Buße keine Waffen, übernahmen keine öffentlichen Ämter, übten keine finanziellen oder kaufmännische Aktivitäten aus und nahmen nicht an Schauspielen oder Volksfesten teil. Teilweise versprachen sie auch ewige Keuschheit. Vor der Gründung des Franziskanerordens haben auch der hl. Franziskus und seine ersten Gefährten diese Form des Bußlebens ergriffen. Diese Bußbewegung trat dann in enge Beziehung mit den Franziskanern und den Dominikanern, weitere Gruppen traten dann auch mit anderen Orden wie den Karmeliten in Verbindung. Daraus entwickelte sich das Konzept des Ordens mit drei Zweigen, dem der Brüder, dem der Schwestern und dem dritten Orden, also dem Zweig der Tertiaren. Historische Details und ein rechtliches Schema für die Entwicklung der einzelnen Dritten Orden zu geben, erweist sich nicht als einfach. (Emanuele Boaga, Tiers ordres séculiers in: Dictionnaire de spiritualité, ascétique et mystique. Doctrine et histoire Tome XV Taborin – Tyskiewicz, Paris 1990 – 1991, Sp. 946 – Sp. 960, hier Sp. 947f.)
II. Der Dritte Orden des hl. Franziskus
Trotz mancher Milderungen, die bereits Honorius III. und Gregor IX. gewährt hätten, trägt der Dritte Orden des hl. Franziskus nach dem Urteil von Gemelli „das ausgesprochene Gepräge eines religiösen Ordens, das ihm den Vortritt vor den Laienbrüderschaften gibt“. (Augustin Gemelli, Das Franziskanertum, Leipzig 1936, S. 89) Das ist allerdings kein Urteil, in dem die kirchenrechtliche Qualifikation der Franziskanertertiaren benannt wird.
Wichtig für die Entwicklung und auch die Rechtsstellung der Tertiaren (und hier besonders der Franzikanertertiaren) sind die päpstlichen Interventionen. 1289 approbierte Papst Nikolaus IV., der vorher Franziskanergeneral gewesen war, mit der Bulle „Supra Montem“ die Regel für den Dritten Orden des hl. Franziskus. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 185 – S. 187) In 20 Kapiteln finden sich dort Anweisungen zur Aufnahme der Kandidaten, für deren geistliches und asketisches Leben und über die Amtsträger und die Visitationen. Die Bestimmungen der Regel verpflichten nach Kapitel XX aber nicht in dem Maß, daß bei ihrer Verletzung eine Todsünde begangen würde. (Cap. XX S. 187) Für die Rechtsstellung der Tertiaren gegenüber dem ersten Ordenszweig mögen die folgenden Kapitel interessant sein.
Für die Aufnahme in den Dritten Orden gibt es „Ministri ad receptationem talium deputati“. (Cap. II S. 185) Es wird nicht ausgeführt, wer diese Ministri sind und wer ihnen dieses Amt übergibt. Wenn die Autoritäten oder die Ortsrektoren die Rechte und Privilegien der Tertiaren verletzen, sollen sich nach Kapitel XI die Ministri loci, also wohl die lokalen Amtsträger der Tertiaren, an die Bischöfe oder andere Ortsordinarien wenden. (Cap. XI S. 186) Diese haben also den Auftrag, die Tertiaren zu schützen und zu unterstützen, es wird hier also keine Vertretung durch den ersten Zweig des Ordens vorgesehen. Nach Kapitel XVI De visitatione & correctione deliquentium sollen die Visitatoren und Informatoren aus dem Franziskanerorden genommen werden. Die Custoden und Guardiane der Franziskaner sollen sie bezeichnen. Der Papst wendet sich ausdrücklich gegen eine durch einen Laien vorgenommene Visitation. (Cap. XVI S. 187) Die Ministri, also wohl die lokalen Amtsträger, sollen nach Kapitel XIX die Schwester und Brüder, die sich offensichtlich verfehlt haben, den Visitatoren melden. Wenn jemand sich als unverbesserlich erweist, soll er nach dreimaliger Ermahnung von den Ministri (nach dem Rat einiger mit Unterscheidungsgabe versehener Brüder) dem Visitator gemeldet werden, der ihn dann aus der Gemeinschaft ausschließen soll. (Cap. XIX S. 187) Nach Kapitel XVIII können der Ortsordinarius oder der Visitator von Abstinenz, Fasten und anderen Härten dispensieren. (Cap. XVIII S. 187) Für die Tertiaren ist also nicht allein der aus dem Franziskanerorden gewählte Visitator, sondern auch der Ortsordinarius zuständig.
Aus der Regel läßt sich entnehmen, daß die Franziskanertertiaren zwar lokale Amtsträger haben, aber in wesentlichen Punkten unter der Kontrolle oder gar der Führung von Brüdern aus dem ersten Orden stehen. Daneben werden sie aber auch auf den Ortsordinarius verwiesen, der für sie weiterhin zuständig bleibt.
Wichtig ist aber vor allem auch, um wen es sich bei den öfters erwähnten Ministri handelt. Die Visitatoren und Informatoren sollten aus dem Ersten Orden genommen werden, „während die Minister, der Kassier usw. auch fernerhin aus den Terziaren gewählt werden sollten.“ (Anastasius Bürgler, Die Franziskus-Orden in der Schweiz, Schwyz 1926, S. 149) „Die einzelnen Gemeinschaften unterstanden zumeist einem Mitglied geistlichen Standes des zugehörigen Männerordens. Außerdem wurden Visitatoren bestellt.“ Seit der Bestätigung der Regel der Franziskanertertiaren durch Papst Nikolaus IV. 1289 wurden für diese Ämter nur Franziskanerpriester genommen. Auch bei den anderen Orden wurde darauf gedrungen. „Dort, wo sich im Anschluß an Terziarenregeln klösterliche Gemeinschaften bildeten, finden sich auch Ansätze zu Lokaloberen, doch sind solche Anfänge noch zu gering, um ein neues Rechtsinstitut zu bilden.“ (Willibald M. Plöchl, Geschichte des Kirchenrechts Band II Das Kirchenrecht der abendländischen Christenheit 1055 bis 1517, 2. Auflage Wien/München 1962, S. 247)
Die von Papst Nikolaus IV. bestätigte Regel bildete die Grundlage für die Franziskanertertiaren, bis Papst Leo XIII. 1883 mit der Konstitution Misericors die Regel entsprechend den modernen Bedürfnissen abänderte.
III. Der Dritte Orden des hl. Dominikus
Kurz vor 1285 bearbeitete der Generalmagister der Dominikaner eine Regel für die Brüder und Schwestern der Buße des hl. Dominikus, die aber erst 1405 durch Innozenz VII. mit der Bulle „Sedís apostolicae“ approbiert wurde. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 301 – S. 303) Auffällig ist hier, daß in der Einleitung nicht nur die Bitten der Brüder, sondern auch die Bitten der Schwestern erwähnt werden, also erster und zweiter Ordenszweig sich hier anscheinend für die Anerkennung der Regel eingesetzt haben (S. 301).
Neben den geistlichen und asketischen Anweisungen für die Tertiaren enthält die Regel auch einige Bestimmungen, die für das Verhältnis zum ersten Ordenszweig aufschlußreich sind. Einige Bestimmungen dieser Regel finden sich so noch nicht in der Regel des Dritten Ordens der Franziskaner.
Das Kapitel II sieht einen eigenen Habit für die Brüder und Schwestern des Dritten Ordens vor (Cap. II S. 301), das Kapitel III gibt Anweisungen für eine eigene liturgische Aufnahmezeremonie mit Segnung des Habits (Cap. III S . 301), und das Kapitel IV gibt die Formel für das Versprechen des neuen Tertiaren oder der neuen Tertiarin nach Ablauf des Probejahres an (Cap. IV S. 301). Das alles sind durchaus den in dem ersten und dem zweiten Ordenszweig gebräuchlichen ähnliche Riten.
Das Kapitel X greift das Thema des anscheinend nicht immer unproblematischen Verhältnisses zu den zuständigen Pfarrern und Bischöfen auf und fordert zum Besuch der Pfarrkirchen auf, denen die Tertiaren zugehören, und zur Ehrerbietung gegenüber den Bischöfen und Prälaten, an deren Rechten, insbesondere der Zehnte und andere Gaben, nichts gemindert werden soll. (Cap. X S. 302)
Die Regel spricht von mehreren Amtsträgern. Der wichtigste unter ihnen ist der Magister, den es nach Kapitel XX in jeder Stadt oder Ort, in dem es Tertiaren gibt, geben soll. Er soll Ordenspriester aus dem ersten Orden des hl. Dominikus sein und vom Generalmagister oder Provinzial der Dominikaner erbeten und von diesen ernannt werden. (Cap. XX S. 303) Der Magister soll nach Kapitel XVII mit Rat der älteren Tertiaren den Prior einsetzen. Jedes Jahr soll er mit diesen Älteren über Absetzung oder Bestätigung des Priors Rat halten und dann den Prior bestätigen oder absetzen. Der Prior wiederum kann mit dem Rat des Magisters und der besagten Älteren den Oberen oder Vikar bestätigen oder absetzen. Der Obere oder Vikar hat die Vollmacht, die der Prior ihm gewährt. Entsprechend soll das bei den Tertiarinnen mit der Priorin und der Subpriorin eingehalten werden. (Cap. XVII S. 302) Nach Kapitel XX sollen alle Tertiaren der Leitung des Generalmagisters und des Provinzials für ihre Besserung und ihren Fortschritt gänzlich unterstehen. (Cap. XX S. 303)
Nach Heimbucher hätten sich weibliche Tertiaren des hl. Dominikus schon frühzeitig zu einem klösterlichen Leben verbunden. Es gibt männliche und weibliche Tertiaren, die nicht so streng leben wie die Mitglieder des Ersten und des Zweiten Ordens des hl. Dominikus. (Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche Erster Band, Paderborn 1896, S. 582)
IV. Andere Dritte Orden
Papst Bonifaz IX. approbierte mit der Bulle „In sinu sedis apostolicae“ von 1399 für die Augustiner den Dritten Orden der Frauen und Papst Paul II. 1470 mit der Bulle „Exposcit vestrae devotionis“ den der Männer, womit eine schon längst bestehende Situation gutgeheißen wurde.
Papst Martin V. approbierte 1424 mit der Bulle „Sedis apostolicae providentia“ den Dritten Orden der Serviten, Papst Sixtus IV. mit der Bulle „Mare magnum“ 1476 den der Karmeliten.
V. Die regulierten Tertiaren
Oft wiesen die Mitglieder dieser Dritten Orden eine starke Ähnlichkeit mit Ordensleuten auf. Dazu trug bei, dass einige die Beobachtung der drei evangelischen Räte gemäß ihres Standes gelobten. So gab es innerhalb der Dritten Orden die Unterscheidung zwischen Tertiariern mit und ohne Gelübde. Manchmal wurden diese Gelübde sogar als ein Wesenselement des Standes des Tertiariers aufgefaßt. Die Regeln des 14. und des 15. Jahrhunderts zeigen den Einfluß des Modells der Orden auf die Dritten Orden, um an den geistlichen Gütern und am Geist des entsprechenden Ordens Anteil zu haben. (Boaga Sp. 949)
Das V. Laterankonzil behandelte in seinen Reformdekreten auch die männlichen und weiblichen Tertiaren. Die Tertiaren werden zur Erfüllung der Pflichten, die Laien obliegen, gehalten. Sie können von den weltlichen Gerichten belangt werden. Die aber in Gemeinschaft leben oder mit in Klausur Lebenden zusammenleben, und die Frauen, die ein jungfräuliches Leben führen mit abgelegtem Gelübde und im Habit genießen die Privilegien des jeweiligen Ersten Ordens. (Konstitution Super religiosos et eorum privilegia des V. Laterankonzils in: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed. Joseph Alberigo/Joseph Dossetti/Perikle-P. Joannou, 3. Auflage Bologna 1973, S. 645 – S. 649, hier S. 648)
VI. Die regulierten Franziskanertertiaren
Helyot lehnt die Meinung an, daß es schon zur Lebzeiten des hl. Franziskus selbst Tertiaren gegeben habe, die Ordensgelübde abgelegt hätten. Wenn dem so gewesen wäre, hätte die Bulle Papst Gregor IX. „Nimis patenter“ sie nicht von einem Teil der übermäßigen Steuern und Auflagen befreien müssen und wären sie nicht gerufen worden, Waffen zu tragen. Als Ordensleute wäre sie von diesen Steuern frei gewesen und hätten keine Waffen getragen. (Hippolyt Helyot, Ausführliche Geschichte aller geistlichen und weltlichen Kloster- und Ritterorden für beyderley Geschlecht, in welcher deren Ursprung, Stiftung, Regeln, Anwachs, und merkwürdigste Begebenheiten, die aus ihnen entstandenen oder auch nach ihren Mustern gebildeten Brüderschaften und Congregationen, imgleichen der Verfall und die Aufhebung einiger, nebst der Vergrößerung anderer, durch die mit ihnen vorgenommenen Verbesserungen, wie auch die Lebensbeschreibungen der Stifter und Verbesserer hinlänglich vorgestellt, und die besonderen Kleidungen eines jeden Ordens nebst den Ordenszeichen der Ritter in vielen Kupfern nach dem Leben abgebildet werden Siebenter Band, Leipzig 1756, S. 267)
Helyot urteilt, daß sich die Bulle Papst Leo X. von 1521 für die Tertiaren an Ordensleute wendet, denen er die Erlaubnis erteilt hat, feierliche Gelübde abzulegen, daß es diese regulierten Tertiaren aber schon vorher gegeben habe, sonst wären diese regulierten Tertiaren auch alle der von Leo X. 1521 bestätigten Regel gefolgt und nicht der 1289 von Nikolaus IV. bestätigten Regel. (Helyot S. 268f.) Er verweist auf eine Bulle Papst Johannes XXIII. von 1413, in der er den Tertiaren in Flandern erlaubt habe, feierliche Gelübde abzulegen, und sie so zu wirklichen Ordensleuten erklärt habe. Bereits Bonifaz IX. habe den Tertiaren in Utrecht erlaubt, Generalkapitel zu halten und einen eigenen General zu wählen. (Helyot S. 270) 1414 habe Papst Johannes XXIII. erklärt, daß das Gelübde der Keuschheit der Brüder und Schwestern des Dritten Ordens, die in Gemeinschaft lebten, feierlich sei und sie für Ordensleute angesehen werden sollten. Papst Martin V. habe die regulierten Tertiaren der Franziskaner der Gerichtsbarkeit des Generals und der Provinzialen unterstellt, was aber Papst Eugen IV. widerrufen und den regulierten Franziskanertertiaren sogar erlaubt habe, einen Generaloberen zu wählen. Papst Sixtus V. habe 1479 erklärt, daß die Gelübde der regulierten Franziskanertertiaren ebenso als feierliche angesehen werden sollten wie die der anderen Ordensleute. (Helyot S. 275) Helyot sieht den Ursprung der regulierten Tertiaren des Franziskanerordens bereits zu Zeit von Nikolaus IV. und Clemens V. (Helyot S. 273) Auch Heimbucher sieht mit Verweis auf die Berichte von Städtechroniken den Ursprung des Gemeinschaftlebens der Franziskanertertiaren bereits im 13. Jahrhundert. (Heimbucher S. 368)
In der Einleitung seiner Bulle Inter cetera von 1521, die an die männlichen und weiblichen Franziskanertertiaren gerichtet ist, die unter den drei wesentlichen Gelübden in Gemeinschaft leben, verweist Leo X. darauf, daß nicht nur Verheiratete, sondern auch andere die Regel der Franziskanertertiaren übernommen hätten. Er nennt besonders Jungfrauen, die die drei wesentlichen Gelübde abgelegt und manchmal auch die Klausur übernommen und sich Klöster erbaut hätten. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 619 – S. 621, hier S. 619)
In Kapitel II wird für die regulierten Tertiaren die Ablegung der drei Gelübde vorgesehen, „vivendo in obedientia, sine proprio, & in castitate“. (Cap. II S. 620) Die Tertiaren, für die diese Regel gilt, sind nach Kapitel X zu den drei Gelübden verpflichtet, jene Schwestern, die sie ausdrücklich gelobt haben, auch zur Einhaltung der Klausur. (Cap. X S. 621) Jedes Haus oder Kloster soll nach Kapitel V einen Oberen haben, der Minister localis oder bei den Frauen Mater genannt wird. Diese werden von den Konventen gewählt und von den Provinzialen oder dem Generalvisitator eingesetzt. Diese Ministri oder Matres sollen in allem, was die vorliegende Regel betrifft, den Provinzialen der Franziskaner und den von ihnen eingesetzten Visitatoren gehorchen. (Cap. V S. 620) Der Provinzial der Franziskaner oder der Visitator soll jedes Jahr jedes Kloster visitieren, wobei für die Schwestern auf die Klausurvorschriften hingewiesen wird. (Cap. VIII S. 620)
Heimbucher führt aus, daß der Papst in der Bulle bestimmte, „daß alle welche seine Regel beobachteten, fortan nicht mehr zum 3., sondern zum 1. Orden des hl. Franziskus gehören sollten. Sonach hatte hiermit der 1. Orden einen neuen Zweig erhalten, den Orden der regulierten Tertiarier (Minoriten-Tertiarier), welche die drei gewöhnlichen feierlichen Gelübde ablegen und wie die Konventualen, Observanten und Kapuziner einen eigenen Ordensgeneral haben, ein Zweig des 1. Ordens, welcher sogar Frauenklöster in sich schließt.“ Eine Reihe der Klöster seien dann ganz in den Ersten Orden aufgegangen, indem sie die Regel Papst Leo X. mit der des Ersten Ordens vertauscht hätten. (Heimbucher S. 368f.)
Bereits hingewiesen wurde auf die Bestimmungen des V. Laterankonzils zu den regulierten Tertiaren. Die Folge dieser Entscheidung des V. Laterankozils für die Franziskanertertiaren ist nach Heimbucher, daß der Dritte Orden danach in drei Klassen zerfallen sei:
1) Die erste Klasse wird von Tertiaren beiderlei Geschlechts gebildet, die in klösterlicher Weise gemeinsam leben und entweder das Gelübde der Keuschheit oder alle drei Gelübde, aber nur als einfache ablegen. Sie leben nach der von Papst Nikolaus IV. bestätigten Regel.
2) Die zweite Klasse wird von einzeln, also nicht in klösterlicher Gemeinschaft lebenden Jungfrauen und Witwen gebildet, die das einfache Gelübde der Keuschheit abgelegt haben und öffentlich das Ordenskleid tragen. Auch sie befolgen die von Papst Nikolaus IV. bestätigte Regel.
3) Zur dritten Klasse gehören alle übrigen Tertiaren beiderlei Geschlechts, welche keine Gelübde ablegen und nicht in klösterlicher Weise zusammenleben. (Heimbucher S. 370)
Grundsätzlich läßt sich festhalten, daß die Tertiaren ein von der Kirche anerkannter und geregelter Stand waren, insofern also natürlich in diesem Bereich durch das Kirchenrecht geleitet wurden, daß sie aber keine Ordensleute waren, was Konsequenzen im Sinne einer größeren Freistellung auch durch das weltliche Recht mit sich gezogen hätte.
Regulierte Tertiaren wurden ab einem bestimmten Zeitpunkt zu Ordensleuten mit den entsprechenden Konsequenzen, die das für kirchliches und weltliches Recht mit sich brachte. Regulierte Tertiaren folgten aber nicht der Regel des Ersten oder des Zweiten Ordens.
I. Entstehung der Tertiaren
Historisch sind die Tertiaren eine Frucht der Beziehungen zwischen dem Leben in der Welt und dem gottgeweihten Leben in einem Orden. Bereits vor der Entstehung der Bettelorden gab es Gruppen von Gläubigen, die sich spontan um ein Kloster bildeten. Diese Gläubigen wurden dadurch an das klösterliche Leben herangeführt und zogen daraus geistliche (und manchmal auch materielle) Vorteile, wobei die rechtliche Natur ihrer Bindung an das Kloster aber schwierig zu definieren ist. Es gab Formeln und Versprechen, mit denen diese Bindung ausgedrückt wurde: „se et sua offerre“, „in castitate vivere“, „professio certae regulae“. Besonders wichtig wurde die Bußbewegung, aus der der Ordo poenitentiae hervorragte. Die Mitglieder trugen ein einfaches und armes Gewand, führten während der Zeit der Buße keine Waffen, übernahmen keine öffentlichen Ämter, übten keine finanziellen oder kaufmännische Aktivitäten aus und nahmen nicht an Schauspielen oder Volksfesten teil. Teilweise versprachen sie auch ewige Keuschheit. Vor der Gründung des Franziskanerordens haben auch der hl. Franziskus und seine ersten Gefährten diese Form des Bußlebens ergriffen. Diese Bußbewegung trat dann in enge Beziehung mit den Franziskanern und den Dominikanern, weitere Gruppen traten dann auch mit anderen Orden wie den Karmeliten in Verbindung. Daraus entwickelte sich das Konzept des Ordens mit drei Zweigen, dem der Brüder, dem der Schwestern und dem dritten Orden, also dem Zweig der Tertiaren. Historische Details und ein rechtliches Schema für die Entwicklung der einzelnen Dritten Orden zu geben, erweist sich nicht als einfach. (Emanuele Boaga, Tiers ordres séculiers in: Dictionnaire de spiritualité, ascétique et mystique. Doctrine et histoire Tome XV Taborin – Tyskiewicz, Paris 1990 – 1991, Sp. 946 – Sp. 960, hier Sp. 947f.)
II. Der Dritte Orden des hl. Franziskus
Trotz mancher Milderungen, die bereits Honorius III. und Gregor IX. gewährt hätten, trägt der Dritte Orden des hl. Franziskus nach dem Urteil von Gemelli „das ausgesprochene Gepräge eines religiösen Ordens, das ihm den Vortritt vor den Laienbrüderschaften gibt“. (Augustin Gemelli, Das Franziskanertum, Leipzig 1936, S. 89) Das ist allerdings kein Urteil, in dem die kirchenrechtliche Qualifikation der Franziskanertertiaren benannt wird.
Wichtig für die Entwicklung und auch die Rechtsstellung der Tertiaren (und hier besonders der Franzikanertertiaren) sind die päpstlichen Interventionen. 1289 approbierte Papst Nikolaus IV., der vorher Franziskanergeneral gewesen war, mit der Bulle „Supra Montem“ die Regel für den Dritten Orden des hl. Franziskus. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 185 – S. 187) In 20 Kapiteln finden sich dort Anweisungen zur Aufnahme der Kandidaten, für deren geistliches und asketisches Leben und über die Amtsträger und die Visitationen. Die Bestimmungen der Regel verpflichten nach Kapitel XX aber nicht in dem Maß, daß bei ihrer Verletzung eine Todsünde begangen würde. (Cap. XX S. 187) Für die Rechtsstellung der Tertiaren gegenüber dem ersten Ordenszweig mögen die folgenden Kapitel interessant sein.
Für die Aufnahme in den Dritten Orden gibt es „Ministri ad receptationem talium deputati“. (Cap. II S. 185) Es wird nicht ausgeführt, wer diese Ministri sind und wer ihnen dieses Amt übergibt. Wenn die Autoritäten oder die Ortsrektoren die Rechte und Privilegien der Tertiaren verletzen, sollen sich nach Kapitel XI die Ministri loci, also wohl die lokalen Amtsträger der Tertiaren, an die Bischöfe oder andere Ortsordinarien wenden. (Cap. XI S. 186) Diese haben also den Auftrag, die Tertiaren zu schützen und zu unterstützen, es wird hier also keine Vertretung durch den ersten Zweig des Ordens vorgesehen. Nach Kapitel XVI De visitatione & correctione deliquentium sollen die Visitatoren und Informatoren aus dem Franziskanerorden genommen werden. Die Custoden und Guardiane der Franziskaner sollen sie bezeichnen. Der Papst wendet sich ausdrücklich gegen eine durch einen Laien vorgenommene Visitation. (Cap. XVI S. 187) Die Ministri, also wohl die lokalen Amtsträger, sollen nach Kapitel XIX die Schwester und Brüder, die sich offensichtlich verfehlt haben, den Visitatoren melden. Wenn jemand sich als unverbesserlich erweist, soll er nach dreimaliger Ermahnung von den Ministri (nach dem Rat einiger mit Unterscheidungsgabe versehener Brüder) dem Visitator gemeldet werden, der ihn dann aus der Gemeinschaft ausschließen soll. (Cap. XIX S. 187) Nach Kapitel XVIII können der Ortsordinarius oder der Visitator von Abstinenz, Fasten und anderen Härten dispensieren. (Cap. XVIII S. 187) Für die Tertiaren ist also nicht allein der aus dem Franziskanerorden gewählte Visitator, sondern auch der Ortsordinarius zuständig.
Aus der Regel läßt sich entnehmen, daß die Franziskanertertiaren zwar lokale Amtsträger haben, aber in wesentlichen Punkten unter der Kontrolle oder gar der Führung von Brüdern aus dem ersten Orden stehen. Daneben werden sie aber auch auf den Ortsordinarius verwiesen, der für sie weiterhin zuständig bleibt.
Wichtig ist aber vor allem auch, um wen es sich bei den öfters erwähnten Ministri handelt. Die Visitatoren und Informatoren sollten aus dem Ersten Orden genommen werden, „während die Minister, der Kassier usw. auch fernerhin aus den Terziaren gewählt werden sollten.“ (Anastasius Bürgler, Die Franziskus-Orden in der Schweiz, Schwyz 1926, S. 149) „Die einzelnen Gemeinschaften unterstanden zumeist einem Mitglied geistlichen Standes des zugehörigen Männerordens. Außerdem wurden Visitatoren bestellt.“ Seit der Bestätigung der Regel der Franziskanertertiaren durch Papst Nikolaus IV. 1289 wurden für diese Ämter nur Franziskanerpriester genommen. Auch bei den anderen Orden wurde darauf gedrungen. „Dort, wo sich im Anschluß an Terziarenregeln klösterliche Gemeinschaften bildeten, finden sich auch Ansätze zu Lokaloberen, doch sind solche Anfänge noch zu gering, um ein neues Rechtsinstitut zu bilden.“ (Willibald M. Plöchl, Geschichte des Kirchenrechts Band II Das Kirchenrecht der abendländischen Christenheit 1055 bis 1517, 2. Auflage Wien/München 1962, S. 247)
Die von Papst Nikolaus IV. bestätigte Regel bildete die Grundlage für die Franziskanertertiaren, bis Papst Leo XIII. 1883 mit der Konstitution Misericors die Regel entsprechend den modernen Bedürfnissen abänderte.
III. Der Dritte Orden des hl. Dominikus
Kurz vor 1285 bearbeitete der Generalmagister der Dominikaner eine Regel für die Brüder und Schwestern der Buße des hl. Dominikus, die aber erst 1405 durch Innozenz VII. mit der Bulle „Sedís apostolicae“ approbiert wurde. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 301 – S. 303) Auffällig ist hier, daß in der Einleitung nicht nur die Bitten der Brüder, sondern auch die Bitten der Schwestern erwähnt werden, also erster und zweiter Ordenszweig sich hier anscheinend für die Anerkennung der Regel eingesetzt haben (S. 301).
Neben den geistlichen und asketischen Anweisungen für die Tertiaren enthält die Regel auch einige Bestimmungen, die für das Verhältnis zum ersten Ordenszweig aufschlußreich sind. Einige Bestimmungen dieser Regel finden sich so noch nicht in der Regel des Dritten Ordens der Franziskaner.
Das Kapitel II sieht einen eigenen Habit für die Brüder und Schwestern des Dritten Ordens vor (Cap. II S. 301), das Kapitel III gibt Anweisungen für eine eigene liturgische Aufnahmezeremonie mit Segnung des Habits (Cap. III S . 301), und das Kapitel IV gibt die Formel für das Versprechen des neuen Tertiaren oder der neuen Tertiarin nach Ablauf des Probejahres an (Cap. IV S. 301). Das alles sind durchaus den in dem ersten und dem zweiten Ordenszweig gebräuchlichen ähnliche Riten.
Das Kapitel X greift das Thema des anscheinend nicht immer unproblematischen Verhältnisses zu den zuständigen Pfarrern und Bischöfen auf und fordert zum Besuch der Pfarrkirchen auf, denen die Tertiaren zugehören, und zur Ehrerbietung gegenüber den Bischöfen und Prälaten, an deren Rechten, insbesondere der Zehnte und andere Gaben, nichts gemindert werden soll. (Cap. X S. 302)
Die Regel spricht von mehreren Amtsträgern. Der wichtigste unter ihnen ist der Magister, den es nach Kapitel XX in jeder Stadt oder Ort, in dem es Tertiaren gibt, geben soll. Er soll Ordenspriester aus dem ersten Orden des hl. Dominikus sein und vom Generalmagister oder Provinzial der Dominikaner erbeten und von diesen ernannt werden. (Cap. XX S. 303) Der Magister soll nach Kapitel XVII mit Rat der älteren Tertiaren den Prior einsetzen. Jedes Jahr soll er mit diesen Älteren über Absetzung oder Bestätigung des Priors Rat halten und dann den Prior bestätigen oder absetzen. Der Prior wiederum kann mit dem Rat des Magisters und der besagten Älteren den Oberen oder Vikar bestätigen oder absetzen. Der Obere oder Vikar hat die Vollmacht, die der Prior ihm gewährt. Entsprechend soll das bei den Tertiarinnen mit der Priorin und der Subpriorin eingehalten werden. (Cap. XVII S. 302) Nach Kapitel XX sollen alle Tertiaren der Leitung des Generalmagisters und des Provinzials für ihre Besserung und ihren Fortschritt gänzlich unterstehen. (Cap. XX S. 303)
Nach Heimbucher hätten sich weibliche Tertiaren des hl. Dominikus schon frühzeitig zu einem klösterlichen Leben verbunden. Es gibt männliche und weibliche Tertiaren, die nicht so streng leben wie die Mitglieder des Ersten und des Zweiten Ordens des hl. Dominikus. (Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche Erster Band, Paderborn 1896, S. 582)
IV. Andere Dritte Orden
Papst Bonifaz IX. approbierte mit der Bulle „In sinu sedis apostolicae“ von 1399 für die Augustiner den Dritten Orden der Frauen und Papst Paul II. 1470 mit der Bulle „Exposcit vestrae devotionis“ den der Männer, womit eine schon längst bestehende Situation gutgeheißen wurde.
Papst Martin V. approbierte 1424 mit der Bulle „Sedis apostolicae providentia“ den Dritten Orden der Serviten, Papst Sixtus IV. mit der Bulle „Mare magnum“ 1476 den der Karmeliten.
V. Die regulierten Tertiaren
Oft wiesen die Mitglieder dieser Dritten Orden eine starke Ähnlichkeit mit Ordensleuten auf. Dazu trug bei, dass einige die Beobachtung der drei evangelischen Räte gemäß ihres Standes gelobten. So gab es innerhalb der Dritten Orden die Unterscheidung zwischen Tertiariern mit und ohne Gelübde. Manchmal wurden diese Gelübde sogar als ein Wesenselement des Standes des Tertiariers aufgefaßt. Die Regeln des 14. und des 15. Jahrhunderts zeigen den Einfluß des Modells der Orden auf die Dritten Orden, um an den geistlichen Gütern und am Geist des entsprechenden Ordens Anteil zu haben. (Boaga Sp. 949)
Das V. Laterankonzil behandelte in seinen Reformdekreten auch die männlichen und weiblichen Tertiaren. Die Tertiaren werden zur Erfüllung der Pflichten, die Laien obliegen, gehalten. Sie können von den weltlichen Gerichten belangt werden. Die aber in Gemeinschaft leben oder mit in Klausur Lebenden zusammenleben, und die Frauen, die ein jungfräuliches Leben führen mit abgelegtem Gelübde und im Habit genießen die Privilegien des jeweiligen Ersten Ordens. (Konstitution Super religiosos et eorum privilegia des V. Laterankonzils in: Conciliorum Oecumenicorum Decreta, ed. Joseph Alberigo/Joseph Dossetti/Perikle-P. Joannou, 3. Auflage Bologna 1973, S. 645 – S. 649, hier S. 648)
VI. Die regulierten Franziskanertertiaren
Helyot lehnt die Meinung an, daß es schon zur Lebzeiten des hl. Franziskus selbst Tertiaren gegeben habe, die Ordensgelübde abgelegt hätten. Wenn dem so gewesen wäre, hätte die Bulle Papst Gregor IX. „Nimis patenter“ sie nicht von einem Teil der übermäßigen Steuern und Auflagen befreien müssen und wären sie nicht gerufen worden, Waffen zu tragen. Als Ordensleute wäre sie von diesen Steuern frei gewesen und hätten keine Waffen getragen. (Hippolyt Helyot, Ausführliche Geschichte aller geistlichen und weltlichen Kloster- und Ritterorden für beyderley Geschlecht, in welcher deren Ursprung, Stiftung, Regeln, Anwachs, und merkwürdigste Begebenheiten, die aus ihnen entstandenen oder auch nach ihren Mustern gebildeten Brüderschaften und Congregationen, imgleichen der Verfall und die Aufhebung einiger, nebst der Vergrößerung anderer, durch die mit ihnen vorgenommenen Verbesserungen, wie auch die Lebensbeschreibungen der Stifter und Verbesserer hinlänglich vorgestellt, und die besonderen Kleidungen eines jeden Ordens nebst den Ordenszeichen der Ritter in vielen Kupfern nach dem Leben abgebildet werden Siebenter Band, Leipzig 1756, S. 267)
Helyot urteilt, daß sich die Bulle Papst Leo X. von 1521 für die Tertiaren an Ordensleute wendet, denen er die Erlaubnis erteilt hat, feierliche Gelübde abzulegen, daß es diese regulierten Tertiaren aber schon vorher gegeben habe, sonst wären diese regulierten Tertiaren auch alle der von Leo X. 1521 bestätigten Regel gefolgt und nicht der 1289 von Nikolaus IV. bestätigten Regel. (Helyot S. 268f.) Er verweist auf eine Bulle Papst Johannes XXIII. von 1413, in der er den Tertiaren in Flandern erlaubt habe, feierliche Gelübde abzulegen, und sie so zu wirklichen Ordensleuten erklärt habe. Bereits Bonifaz IX. habe den Tertiaren in Utrecht erlaubt, Generalkapitel zu halten und einen eigenen General zu wählen. (Helyot S. 270) 1414 habe Papst Johannes XXIII. erklärt, daß das Gelübde der Keuschheit der Brüder und Schwestern des Dritten Ordens, die in Gemeinschaft lebten, feierlich sei und sie für Ordensleute angesehen werden sollten. Papst Martin V. habe die regulierten Tertiaren der Franziskaner der Gerichtsbarkeit des Generals und der Provinzialen unterstellt, was aber Papst Eugen IV. widerrufen und den regulierten Franziskanertertiaren sogar erlaubt habe, einen Generaloberen zu wählen. Papst Sixtus V. habe 1479 erklärt, daß die Gelübde der regulierten Franziskanertertiaren ebenso als feierliche angesehen werden sollten wie die der anderen Ordensleute. (Helyot S. 275) Helyot sieht den Ursprung der regulierten Tertiaren des Franziskanerordens bereits zu Zeit von Nikolaus IV. und Clemens V. (Helyot S. 273) Auch Heimbucher sieht mit Verweis auf die Berichte von Städtechroniken den Ursprung des Gemeinschaftlebens der Franziskanertertiaren bereits im 13. Jahrhundert. (Heimbucher S. 368)
In der Einleitung seiner Bulle Inter cetera von 1521, die an die männlichen und weiblichen Franziskanertertiaren gerichtet ist, die unter den drei wesentlichen Gelübden in Gemeinschaft leben, verweist Leo X. darauf, daß nicht nur Verheiratete, sondern auch andere die Regel der Franziskanertertiaren übernommen hätten. Er nennt besonders Jungfrauen, die die drei wesentlichen Gelübde abgelegt und manchmal auch die Klausur übernommen und sich Klöster erbaut hätten. (Magnum Bullarium Romanum a Leone Magno usque ad S.D.N. Clementem X. Editio Novissima Tomus Primus, Lyon 1692, S. 619 – S. 621, hier S. 619)
In Kapitel II wird für die regulierten Tertiaren die Ablegung der drei Gelübde vorgesehen, „vivendo in obedientia, sine proprio, & in castitate“. (Cap. II S. 620) Die Tertiaren, für die diese Regel gilt, sind nach Kapitel X zu den drei Gelübden verpflichtet, jene Schwestern, die sie ausdrücklich gelobt haben, auch zur Einhaltung der Klausur. (Cap. X S. 621) Jedes Haus oder Kloster soll nach Kapitel V einen Oberen haben, der Minister localis oder bei den Frauen Mater genannt wird. Diese werden von den Konventen gewählt und von den Provinzialen oder dem Generalvisitator eingesetzt. Diese Ministri oder Matres sollen in allem, was die vorliegende Regel betrifft, den Provinzialen der Franziskaner und den von ihnen eingesetzten Visitatoren gehorchen. (Cap. V S. 620) Der Provinzial der Franziskaner oder der Visitator soll jedes Jahr jedes Kloster visitieren, wobei für die Schwestern auf die Klausurvorschriften hingewiesen wird. (Cap. VIII S. 620)
Heimbucher führt aus, daß der Papst in der Bulle bestimmte, „daß alle welche seine Regel beobachteten, fortan nicht mehr zum 3., sondern zum 1. Orden des hl. Franziskus gehören sollten. Sonach hatte hiermit der 1. Orden einen neuen Zweig erhalten, den Orden der regulierten Tertiarier (Minoriten-Tertiarier), welche die drei gewöhnlichen feierlichen Gelübde ablegen und wie die Konventualen, Observanten und Kapuziner einen eigenen Ordensgeneral haben, ein Zweig des 1. Ordens, welcher sogar Frauenklöster in sich schließt.“ Eine Reihe der Klöster seien dann ganz in den Ersten Orden aufgegangen, indem sie die Regel Papst Leo X. mit der des Ersten Ordens vertauscht hätten. (Heimbucher S. 368f.)
Bereits hingewiesen wurde auf die Bestimmungen des V. Laterankonzils zu den regulierten Tertiaren. Die Folge dieser Entscheidung des V. Laterankozils für die Franziskanertertiaren ist nach Heimbucher, daß der Dritte Orden danach in drei Klassen zerfallen sei:
1) Die erste Klasse wird von Tertiaren beiderlei Geschlechts gebildet, die in klösterlicher Weise gemeinsam leben und entweder das Gelübde der Keuschheit oder alle drei Gelübde, aber nur als einfache ablegen. Sie leben nach der von Papst Nikolaus IV. bestätigten Regel.
2) Die zweite Klasse wird von einzeln, also nicht in klösterlicher Gemeinschaft lebenden Jungfrauen und Witwen gebildet, die das einfache Gelübde der Keuschheit abgelegt haben und öffentlich das Ordenskleid tragen. Auch sie befolgen die von Papst Nikolaus IV. bestätigte Regel.
3) Zur dritten Klasse gehören alle übrigen Tertiaren beiderlei Geschlechts, welche keine Gelübde ablegen und nicht in klösterlicher Weise zusammenleben. (Heimbucher S. 370)
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