Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

(insbesondere Sakramentenrecht)
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ethikkurs
Beiträge: 1
Registriert: Donnerstag 3. Februar 2011, 15:15
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Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

Beitrag von ethikkurs »

Meine Frage: eine Katholikin will einen evangelischen – von seiner Kirche ausgetretenen - Mann heiraten, der schon einmal standesamtlich verheiratet war und geschieden ist. Der zuständige Pfarrer sagte ihr, dass das nicht gehen würde und gab einen Hinweis auf das zuständige Konsistorium, um prüfen zu lassen, ob die Ehe gültig ist. Die Katholikin ruft aufgelöst bei mir an, sie verstehe nicht, dass ihrem hoffentlich zukünftigen Ehemann, der mit der katholischen Kirche nichts zu tun hat, ein Vorwurf gemacht wird aus seiner Trennung. Zu dem Zeitpunkt, als er sich von seiner Frau getrennt hat, wusste er ja gar nichts von dem Eheverständnis der katholischen Kirche. Wie erkläre ich – v e r s t ä n d l i c h – das Vorgehen der katholischen Kirche?
Engelbert FRANK

Re: Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

Beitrag von Engelbert FRANK »

Ich versuche die katholische Ehelehre so zu erklären: Jede in der vorgeschriebenen Form geschlossene Ehe (für Nichtkatholiken ist das aus katholischer Sicht die standesamtliche Heirat) wird von der katholischen Kirche zunächst einmal als gültig angesehen und bindet die Partner nach dem katholischen Eheverständnis lebenslang aneinander, sodass sie trotz einer bürgerlichen Scheidung nicht frei sind, eine neue, für die katholische Kirche gültige Ehe zu schließen. Es ist aber möglich, diese Vermutung der Gültigkeit einer einmal geschlossenen Ehe anzufechten und den Gegenbeweis anzutreten. Das kann man immer dann versuchen, wenn man Anhaltspunkte dafür hat, dass bei der ersten Heirat die von der katholischen Kirche neben der Eheschließungsform sonst noch für eine gültige Heirat geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Informationen dazu finden Sie im Internet beispielsweise unter http://recht.drs.de (Menüpunkt: Bischöfliches Offizialat).
Wiebke
Beiträge: 39
Registriert: Mittwoch 23. September 2009, 23:20

Re: Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

Beitrag von Wiebke »

Ja, so ist das. Aber ist denn die Vermutung, dass jemand, der ein grundsätzlich kündbares Rechtsverhältnis (bürgerliche Ehe) eingeht, damit auch den Willen hatte, ein grundsätzlich zu Lebzeiten der Parteien unkündbares Rechtsverhältnis (Ehe im Sinne des römisch-katholischen Kirchenrechts) einzugehen, "verständlich" zu begründen?

Eine solche Vermutung noch dazu hinsichtlich eines ehemals evangelischen Konfessionslosen, ist doch schlicht an den Haaren herbeigezogen. Für einen Protestanten ist die Ehe "ein weltlich Ding", für den Konfessionslosen wohl erst recht. Wie kann man da seinem "Ehe"konsens einen Inhalt geben, der bekanntermaßen nicht im BGB steht?

Natürlich kann er den Gegenbeweis antreten, aber diese Beweislastumkehr ist nicht verständlich zu machen.

Rein praktisch bleibt wohl nur, der Dame Hoffnung zu machen, dass auch das Offizialat sich dessen bewusst sein dürfte, wie schwach die Grundlage dieser Vermutung ist, und es deswegen an den Gegenbeweis keine allzu großen Anforderungen stellen wird.
Koenigstiger
Beiträge: 57
Registriert: Dienstag 3. August 2010, 23:09
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Re: Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

Beitrag von Koenigstiger »

Wiebke hat geschrieben: Wie kann man da seinem "Ehe"konsens einen Inhalt geben, der bekanntermaßen nicht im BGB steht?
@Wiebke, was ist denn hiermit? 4. Buch (Familienrecht).

§ 1353 sagt: "Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen."

Wie abwegig ist denn so gesehen die katholische Sicht von der Unauflöslichkeit?? Natürlich kennt das BGB Ehescheidung, aber die Vermutung des bürgerlichen Rechts ist erst einmal, dass alle Leute heiraten wollen für ihr ganzes Leben und nicht für soundsoviele Jahre oder bis das Studium fertig ist, oder bis man einen besseren findet....

:mrgreen: :mrgreen:

Ich verstehe Ihr Problem ja und will sie nicht ärgern. Was man der Kirche natürlich böse nachsagen muss ist, dass sie einem Evangelen unterstellt, dass er prinzipiell auch ein Sakrament haben will. Das meinen Sie wohl mit dem "weltlich Ding".

Darüber streiten die Kanonisten aber nun schon seit Jahrzehnten und die Diskussion bewegt sich. Natürlich langsam! :roll:

Man sollte nich vermengen, dass die Kirche 3 Wesenseigenschaften kennt: Unauflöslichkeit ("bis dass der Tod"), Einpaarigkeit (=Treue) und Sakramentalität. Die sind nicht miteinander vermischbar. Wenn jemand nicht treu ist, schließt er nicht automatisch die lebenslängliche Ehe aus, oder wer darin kein Sakrament sieht, hält seine Ehe nicht automatisch für scheidbar....

@Ethikkurs:
Viel Erfolg beim Ehegericht. Der Mann sollte auf Ausschluss der Sakramentalität klagen, das dürfte das einfachste sein. Er braucht zwei Zeugen, ideal ist natürlich, wenn seine Ex auch keine sakramentale Ehe wollte. Dann kann er vielleicht sogar auf Ausschluss der Sakramentalität von beiden Parteien klagen.

Gottes Segen,
Anne.
Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht. (Vaclav Havel)
Wiebke
Beiträge: 39
Registriert: Mittwoch 23. September 2009, 23:20

Re: Katholische Sichtweise auf standesamtliche Trauung

Beitrag von Wiebke »

Koenigstiger hat geschrieben:
Wiebke hat geschrieben: Wie kann man da seinem "Ehe"konsens einen Inhalt geben, der bekanntermaßen nicht im BGB steht?
@Wiebke, was ist denn hiermit? 4. Buch (Familienrecht).

§ 1353 sagt: "Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen."

Wie abwegig ist denn so gesehen die katholische Sicht von der Unauflöslichkeit?? Natürlich kennt das BGB Ehescheidung, aber die Vermutung des bürgerlichen Rechts ist erst einmal, dass alle Leute heiraten wollen für ihr ganzes Leben und nicht für soundsoviele Jahre oder bis das Studium fertig ist, oder bis man einen besseren findet....

:mrgreen: :mrgreen:
Nun, dass die allermeisten Brautleute auf Lebenszeit zusammen bleiben wollen dürfte auch ohne BGB eine Binsenweisheit sein. Aber zwischen dem Wollen und Hoffen, dass es lebenslang hält, einerseits, und der Akzeptierung eines Rechtsinstituts, von dem man weiß, dass es einem im Fall der Fälle keinen Notausgang bereithält, andererseits, ist ja wohl noch ein langer Weg.
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