Ehenichtigkeitsverfahren

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Erik

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Erik »

Mittlerweile bin ich staatlich geschieden und habe den ganzen Scheidungsstress wie Umzug, Trauer und Depressionen auch durch eine Psychotherapie einigermaßen überstanden. Mein Therapeut, der einen christlichen Therapieansatz verfolgt, hat mich auf die Möglichkeit der Eheannulierung aufmerksam gemacht und hat mir Literatur und Internetseiten empfohlen. Hierdurch bin ich auf Ihre Seite gekommen. Bei meiner kirchlichen Eheschließung habe ich versprochen" bis der Tod uns scheidet" mit meiner Frau zusammenzubleiben. Nach 12 Jahren ist sie aber ausgezogen. Ich habe dies damals ehrlich gemeint und hatte auch kein Problem mit dieser Formel, da ich mit ihr zusammenbleiben wollte bis einer von uns beiden stirbt. Trotz Aufforderung durch meine Frau und massiven Psychoterror bin ich nicht ausgezogen. Ich habe also mein Versprechen eingehalten. Sie zog dann schließlich aus und ich musste auch die zu große Wohnung später aufgeben. Mit der Aussage "bis der Tod uns scheidet" habe ich aber keine Erklärung abgegeben, wie ich mich verhalten würde, wenn mich meine Frau verlässt und ich allein zurückbleibe. Jeder Ehegatte kann doch nur seinen Anteil an dem Versprechen garantieren, nicht den des anderen. Ich habe doch keinem abstrakten Eheband dies versprochen, sondern einer konkreten Frau. Diese möchte nunmehr mein Treueversprechen nicht mehr. Es läuft also ins Leere. Bei der Eheschließung habe ich mir keine Gedanken über eine Scheidung gemacht. Aber eine Vorentscheidung für den mir damals unvorstellbaren Fall einer Scheidung wollte ich nicht treffen. Ich fühle mich nur an das gebunden, was ich auch wirklich vom Innersten versprochen habe. Wie sieht aus Ihrer Sicht die Chance einer Eheannulierung aus?
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Nach der Lehre der katholischen Kirche bleibt eine Ehe trotz der staatlichen Scheidung vor Gott weiterhin bestehen und die geschiedenen Partner sind nicht frei eine neue Ehe einzugehen. Das hängt damit zusammen, dass für die katholische Kirche die Ehe ein Zeichen dafür sein soll, wie Gott Mann und Frau geschaffen hat (Mann und Frau werden ein Fleisch - Genesis Kapitel 2, Vers 24), und ein Zeichen dafür, wie Jesus seine Kirche geliebt hat (endgültig und unwiderruflich).

Der schuldlos Geschiedene, der trotz Scheidung die eheliche Treue hält und keine neue Verbindung eingeht, legt ein wertvolles Zeugnis für die Unauflöslichkeit der Ehe ab. Er ist ein Vorbild für alle, die meinen, es sei gegen die Natur des Menschen, nach erfolgter Scheidung unverheiratet zu bleiben.

Anders ist es, wenn die geschiedene Ehe kirchlich ungültig geschlossen wurde. Dann kam bei der Heirat gar keine für die Kirche bis zum Tod eines Partners bindende Ehe zustande. Ein Eheabschluss ist zum Beispiel dann kirchlich ungültig, wenn ein Partner schon vor und bei der Heirat beabsichtigt, die Ehe zu beenden, falls sein Partner das Treueversprechen nicht halten sollte. Eine solche Absicht scheinen Sie aber nicht gehabt zu haben, wie Sie schreiben.

Trotzdem empfehle ich Ihnen in ein Beratungsgespräch an einem katholischen Kirchengericht (auch Erzbischöfliches/Bischöfliches Offizialat oder Konsistorium genannt). Denn es gibt vielleicht Hinweise darauf, dass Ihre Ehe aus einem anderen Grund kirchlich ungültig geschlossen wurde. Wenn Sie sich am kirchlichen Gericht der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart (Bischöfliches Offizialat Rottenburg) informieren wollen, können Sie bei mir anrufen unter der Nummer 07472 169-525 oder mir schreiben (Bischöfliches Offizialat, Engelbert Frank, Postfach 9, 72101 Rottenburg am Neckar).
Erik

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Erik »

Eine Nachfrage habe ich noch. Es ist natürlich schwer nach 12 Jahren nachzuvollziehen, wie mein Empfinden damals genau war. Ich kann mich aber auch nicht erinnern, dass der Priester im Traugespräch die Konsequenzen aus der katholischen Eheauffassung im Falle eines Scheiterns der Ehe erläutert hat. Schließlich verurteilte Jesus in der Bibel nur denjenigen der den anderen aus der Ehe entläßt, nicht den Verlassenen. Ich hätte mir schon einen Hinweis darauf vom Priester gewünscht, dass die katholische Kirche dies anders als Jesus sieht. Ist bei mir eventuell ein Willensmangel, der daraus resultiert, dass mein Ehewille nicht alle Aspekte der Ehe umfasste, wie sie die katholische Kirche sieht, relevant?
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Kirchlich ungültig ist eine Eheschließung immer dann, wenn eine Eigenschaft der Ehe (zum Beispiel die Unauflöslichkeit) bewusst und willentlich abgelehnt wurde. Ein bloßer Irrtum (keine genaue Kenntnis, was die katholische Kirche unter der Unauflöslichkeit der Ehe versteht) führt normalerweise nicht zur Ungültigkeit der Trauung, es sei denn, dieser Irrtum hat den Willen des Betreffenden bestimmt. Ob es Anhaltspunkte dafür gibt, kann man am besten bei einem Beratungsgespräch an einem kirchlichen Gericht klären.
Alfred

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Alfred »

Hallo,

ich bin geschieden und habe zwei Kinder.

Meine Frau zog aus und ich betrieb dann auch die Scheidung. Gerne würde ich auch mit der Kath. Kirche ins Reine kommen.

Meine Ehegeschichte:

Meine Frau suchte eigentlich einen "richtigen" Mann. Also ein Handwerker oder Arbeiter, der permanent die Wohnung zur Baustelle macht. Da ich als Jurist keinerlei handwerklichen Begabungen hatte, konnten ihre permanten Änderungs- und Umbauwünsche nicht in die Tat umgesetzt werden. Sie hielt mir immer öfter vor ich würde nichts taugen und sei ein katastrophaler Ehemann und Vater. Auf die Erziehung der Kinder dürfte ich keinen Einfluss nehmen, da ich selbst erst erzogen werden müsste und außerdem nicht der Vater, sondern nur der biologische Erzeuger sei.Ich kam mir mit der Zeit wie ein besserer Hausangestellter vor. Vor den Kindern wurde ich fertig gemacht und sie fiel mir immer bei Auseinandersetzungen mit den Kindern in den Rücken, so dass ich systematisch demontiert wurde. Dabei beschimpfte sie mich auch. Das ging so weit, dass mich meine Kinder zeitweise auch als A... bezeichneten. Zum Glück ist sie dann ausgezogen. Ich wäre wahrscheinlich bis zum Burn Out geblieben. Insofern bin ich meiner Ex- Frau dankbar. Dank einer Therapie habe ich diese "Ehe" ganz gut verkraftet. Mein Therapeut riet mir dazu, dass ich auch die Möglichkeit einer Eheannulierung wahrnehmen soll, um seelisch völlig frei zu werden. Nach seiner Kenntniss wird in diesen Verfahren sehr einfühlsam mit den Menschen umgegangen. Auch würden viele vertschütteten Erlebnisse aufgearbeitet, die man selbst so nie gesehen hat. Aufgrund dieses Rates habe ich mich entschlossen eine Ehenichtigkeitsverfahren durchzuführen.
Wie sehen sie aufgrund meiner Schilderung die Chancen einer Eheannulierung?
Viele Grüße

Alfred
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Ich halte den Rat Ihres Therapeuten für richtig und gut, besonders dann, wenn Ihnen der christliche Glaube und die katholische Kirche wichtig sind. Sie können durch ein kirchliches Eheverfahren tatsächlich "seelisch frei" werden. Es stimmt auch, dass normalerweise in den Verfahren sehr einfühlsam mit den Menschen umgegangen wird und vertschüttete Erlebnisse aufgearbeitet werden können.

Aufgrund Ihrer Schilderung der Ehegeschichte kann ich aber nicht erkennen, auf welchen von der katholischen Kirche anerkannten Eheungültigkeitsgrund Sie ein Verfahren stützen sollen. Ich empfehle Ihnen unbedingt ein Beratungsgespräch an einem katholischen Kirchengericht (auch Erzbischöfliches/Bischöfliches Offizialat oder Konsistorium genannt). Wenn Sie sich am kirchlichen Gericht der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart (Bischöfliches Offizialat Rottenburg) informieren wollen, können Sie bei mir anrufen unter der Nummer 07472 169-525 oder mir schreiben (Bischöfliches Offizialat, Engelbert Frank, Postfach 9, 72101 Rottenburg am Neckar).
Alfred

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Alfred »

Guten Morgen Herr Frank,

danke für Ihre Antwort.

Ich dachte an mangelnden Ehewillen bzw. Eheführungsunfähigkeit. Halten Sie das Verhalten meiner Ex-Frau für normal? Was für eine Einstellung zur Ehe ist das, den Vater und Ehemann als "biologischen Erzeuger" zu bezeichnen? Das ist doch wohl ein starkes Indiz dafür, dass ich als Ehemann nicht als gleichberechtigter Partner angesehen wurde. Ist das kein Ehenichtigkeitsgrund?
Vielen Dank für Ihre nochmalige Antwort.

Alfred
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Sie haben natürlich Recht: Das Verhalten Ihrer geschiedenen Frau kann ein Indiz sein für einen mangelhaften Ehewillen oder eine eingeschränkte Ehefähigkeit schon im Zeitpunkt der Heirat(auf diesen Zeitpunkt kommt es bei der Frage der Ungültigkeit der Eheschließung an). Ein solches Indiz schafft aber für sich genommen noch keinen Beweis. Dafür sind weitere Beweiselemente notwendig, zum Beispiel ein gerichtliches oder außergerichtliches Geständnis Ihrer geschiedenen Frau, bei der Heirat einen mangelhaften Ehewillen gehabt zu haben.

Die Beweisregeln in einem kirchlichen Eheverfahren finden Sie im Codex Iuris Canonici (www.codex-iuris-canonici.de), zum Beispiel in den Canones 1536, 1537, 1573 und 1679. Die von der katholischen Kirche anerkannten Eheungültigkeitsgründe werden in den Canones 1095 ff. umschrieben.

Wenn Sie diese Stellen im kirchlichen Gesetzbuch anschauen, ist das eine gute Vorbereitung für ein Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter des für Sie zuständigen kirchlichen Gerichts. Er kann dann vielleicht schneller und besser erkennen, welcher Eheungültigkeitsgrund in Ihrem Fall am besten nachzuweisen ist (für eine Ungültigkeitserklärung genügt es, dass ein Ungültigkeitsgrund bewiesen ist - selbst wenn die Ehe aus mehreren Gründen ungültig geschlossen wurde).
Andreas Regert

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Andreas Regert »

Hallo,

ich interessiere mich für ein Ehenichtigkeitsverfahren. Meine Ehe ist gescheitert. Ich vermute, dass meine ehem. Frau an einer Persönlichkeitsstörung litt und leidet. Sie wollte dies nie wahrhaben und hat keine Therapie gemacht, trotz hohen Leidensdruckes und Problemen im sozialen Umfeld. Insorfern ist dies nicht diagnostiziert. Allerdings gibt es ärztliche Unterlagen aus einer Kur, aus denen hervorgeht, dass ihr Übungen zum Agressionsabbau empfohlen werden. Auch gibt es Zeugen, die das auffällige Verhalten während der Ehe beschreiben können.
Können die ärztlichen Unterlagen, die mir in Kopie vorliegen in einem Verfahren verwendet werden, auch wenn meine ehem. Frau keine Schweigepflichtentbindungserklärung unterschrieben hat? Oder darf dies dann nicht verwendet werden? Vielen Dank.
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Soweit ich informiert bin, können ärztliche Stellungnahmen über Ihre geschiedene Frau, die Ihnen in Kopie vorliegen, in einem Eheverfahren der katholischen Kirche als Beweise verwendet werden. Unzulässig wären diese Arztberichte allerdings dann, wenn Sie sie unrechtmäßig erworben hätten, zum Beispiel mit Gewalt oder Diebstahl (vgl. can. 1527 § 1 Codex Iuris Canonici [Katholisches Gesetzbuch])
Peter Herwig

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Peter Herwig »

Guten Morgen,

ich möchte meine Ehe annulieren lassen und vermute bei meiner ehemaligen Frau, dass sie die Unauflöslichkeit der Ehe ausgeschlossen hat. Sie hat bereits Jahre vor unserer Trennung/Scheidung angekündigt, dass sie sich von mir trennt, wenn die Kinder groß sind. Dies hat sie dann auch in die Tat umgesetzt. Meines Erachtens wurde dies von ihr von langer Hand geplant. Gibt es Indizien, die Kirchengerichte anerkennen, um diesen Ehenichtigkeitsgrund feststellen zu können? Gezielte theologische oder kirchenrechtliche Diskussionen habe ich mir meiner Frau vor der Eheschließung nicht geführt. Mir ist auch nicht bekannt, ob sie dies mit anderen Personen getan hat. Mir gegenüber hat sie aber erklärt:" Der liebe Gott will nicht, dass so eine Ehe fortgeführt wird." Kann man hieraus auf den Auschluss der Unauflöslichkeit der Ehe schließen?

Schönen Tag noch.

herwig
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Am Anfang mochte ich Ihnen Indizien nahern, die den Auschluss der Unaufloslichkeit betreffen.

Es geht um die Umstande vor der Eheschliessung, wahrend und nach der Eheschliessung. Wenn es um die ersten Umstande geht, haben Sie geschrieben, dass es kein Gesprach daruber zwischen Ihnen gabe. Vielleicht kennen Sie jedoch eine Stellung Ihrer Frau aus dieser Zeit, vielleicht haben Sie auch welche Zeugen, die solches Wissen daruber besitzen. Indem wir uber die Umstande wahrend Ihrer Eheschliessung sagen, kann man eine Frage stellen, ob Sie etwas spezialles bemerkt haben, was z.B. Benehmen Ihrer Frau betrifft, als Sie die Ehe geschlossen haben. Endlich wenn es um die letzten Umstande geht, kann man vermuten, dass Sie beide daruber ein bisschen diskutiert haben.

Was noch bei dem Titel wichtig ist: causa simulandi (warum hat Ihre Frau die Unaufloslichkeit aussgeschlossen?; war sie Katholikin?; hat sie Sie geliebt?) und causa celebrandi (warum hat Sie endlich die Ehe geschlossen). Naturlich muss causa simulandi starker als causa celebrandi sein.

Wenn es um Beweise geht, gehoren dazu: Zeugen, Stellungnahme Ihrer Frau, das heisst: Ihre Frau kann gestehen, und wie ich das schon anfangs schrieb, beschaftigt sich das Kirchengericht mit den Umstanden.

Sie sollen auch wissen, was uberhaupt Auschluss der Unaufloslichkeit ist. Das ist simulatio partialis: zwar will eine Partei eine Ehe schliessen, aber sie schliesst z.B. Eigenschaften (Unaufloslichkeit)aus. Also in der Wirklichkeit hat sie keine Ehe geschlossen. Beim Auschluss gibt es einen Unterschied zwischen dem, was eine Person will und dem was sie aussen zeigt. Es genugt nicht, wenn eine Person nur sagt, dass z.B. sie denkt, dass es besser ware, wenn die Ehe nicht mit der Unaufloslichkeit gebunden ware. Sie soll nicht nur denken sondern auch wollen. Also will sie keine Unaufloslichkeit der Ehe.
Tim

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Tim »

Guten Morgen,

eine Nichtigkeit meiner Ehe wurde in zwei Instanzen nicht festgestellt. Ich vermutete bei meiner Ex-Frau eine psychische Eheführungsunfähigeit. Trotz Zeugenaussagen sahen beide Instanzen keinen Beweis dafür. Nunmehr habe ich erfahren, dass meine Ex-Frau sich in psychotherapeutischer Behandlung befindet. Dies hat sie trotz Verhaltensauffälligkeiten während der Ehe immer abgelehnt. Auch gibt es Probleme im sozialen Umfeld bei meiner Ex-Frau. Kann das Ehenichtigkeitsverfahren wieder aufgenommen werden?

Tim
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Bei Ihrem Fall kann man nach can. 1644 CIC greifen. Dort wird es u.a. uber "res iudicata" gesagt.

Ehenichtigkeitsverfahren betrifft Personen, deshalb kann man sagen, dass res iudicata dieses Verfahren nicht betrifft. Jedoch lesen wir in diesem can., dass Sie neue Beweise, ernste Grunde besitzen sollen. Sie mussen auch Termine beachten.
Thomas K.

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Thomas K. »

Hallo,

worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einer Teilsimulation und einem Scheidungsvorbehalt?

Wenn jemand, generell die Ehe unauflöslich schliessen will, aber natürlich nicht für alle Situationen wie z.B. Misshandlungen, Fremdgehen des Ehepartners. Hat man (teil)simuliert oder einen Scheidungsvorbehalt gehabt?
Engelbert Frank

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Engelbert Frank »

Der bewusste Ausschluss der Unauflöslichkeit (Scheidungsvorbehalt) ist eine Art von Partialsimulation (Teilsimulation) neben anderen (zum Beispiel dem Auschluss von eigenen Kindern).

Wenn jemand vor und bei der Heirat den Plan und die Absicht hat, bei Eintritt bestimmter Ereignisse (zum Beispiel beim Fremdgehen des Partners) die Ehe zu beenden (sich scheiden zu lassen), dann ist das ein Scheidungsvorbehalt für den Eventualfall - also kein absoluter Scheidungsvorbehalt, der dann vorliegt, wenn ein Partner beabsichtigt, sich in jedem Fall (nach Ablauf einer bestimmten Zeit) wieder scheiden zu lassen.

Von den verschiedenen Arten der Partialsimulation unterscheidet man die Totalsimulation, die darin besteht, dass ein Partner vor und bei der Heirat nicht nur eine wesentliche Eigenschaft der Ehe (zum Beispiel die Unauflöslichkeit oder die Nachkommenschaft) verneint, sondern die Ehe als Ganze. Wer eine Totalsimulation vornimmt, will überhaupt nicht Ehepartner werden, sondern heiratet nur zum Schein.
Jürgen Bertrich

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Jürgen Bertrich »

Mir ist bekannt und ich habe in Ihrem Forum das auch gelesen, dass eine Eheführungsunfähigkeit zur Annulierung der Ehe führen kann. Erkennen eigentlich Kirchengerichte eine Eheführungsunfähigkeit auch an, wenn keine psychische Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung vorliegt. Also jemand geht seiner Arbeit nach, hat einen Freundeskreis, ist in einem Verein. Das enge Verhältnis in einer Ehe erträgt er aber nicht und sie scheitert, aufgrund massiver Auseinandersetzungen von Anfang an und auch schon vor der Eheschließung. Im sonstigen sozialen Umfeld kommt es zu keinen größeren Problemen. Kann auch hier eine Eheführungsunfähigkeit vorliegen oder muss die Auffälligkeit sich durch alle Lebensbereiche ziehen?
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Can. 1095 CIC besteht aus drei Punkten. Wenn es um den ersten Punkt geht, lesen wir uber einen ernsten Mangel von der Benutzung des Verstandes. Also konnen die Ursache dieser Eheunfahigkeit u.a. zeitlich sein. Z.B. Alkohol, Drogen, Hypnose konnen solchen Mangel schaffen. Wir konnen also bemerken, dass es nicht mit den psychischen Erkrankungen gebunden ist. Weiter, wenn es um den zweiten Punkt geht, lesen wir uber einen ernsten Mangel Urteilsvermogens. Das hat zwei Flachen. Ein Flach ist mit dem Verstand gebunden. Eine Person, die eine Ehe schliesst, muss u.a. ein teoretisches Wissen (was uberhaupt eine Ehe, wesentliche Rechte und Pflichte sind u.s.w.), praktisches Wissen (was fur sie oder ihn personlich eine Ehe, einen zukunftigen Mann, eine zukunftige Frau, wesentliche Rechte und Pflichte sind) haben. Ein zweites Flach ist mit dem Willen gebunden. Die Person muss freiwillig Ja ider Nein sagen. Es ist wichtig, dass es solche Personen sind, die unreif sind, die von Eltern abhangig sein konnen, die ein anderes Ziel (z.B. Kinder) mochten. Wir konnen also bemerken, dass es solche Situationen gibt, die nicht zu solchen Erkrankungen gehoren. Der letzte, dritte Punkt kann zwar mit psychischen Erkrankungen oder Storungen der Personlichkeit gebunden sein, aber wir konnen auch beobachten, dass die Menschen sozial ganz perfekt funktionieren konnen. In diesem canon geht es um wesentliche Rechte und Pflichte der Ehe und nicht um andere.
Anke

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Anke »

Meine gescheiterte Ehe möchte ich kirchenrechtlich annulieren lassen. Sowohl bei meinem Ex-mann, als auch bei mir lag ein Ausschluss der Unauflöslichkeit der Ehe vor. Problem ist nur, wie kann ich das beweisen? 95% aller Menschen gehen doch davon aus, dass man wieder heitraten darf, wenn man verlassen wird. Nur die katholische Kirche sagt, man begeht dann Ehebruch. Dies ist ja ein schwerwiegender Vorwurf. Den würde ich gerne aus der Welt schaffen. Dass ich dem Eheband treu bleiben muss, habe ich nie so gesehen. Ich habe einen Mann geheiratet und kein Eheband. Er hat mich verlassen, somit bin ich frei. Können sie mir weiterhelfen, wie ich etwas beweisen kann von dem stillschweigend fast alle Menschen ausgehen. Die Sichtweise der katholischen Kirche ist doch wohl nur studierten Theologen bekannt. Und selbst diese werden alle dies nicht so sehen.
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Dabei mussen wir nach can. 1101 Paragraf 2 CIC greifen. Dort lesen wir u.a. uber den Auschluss der Unaufloslichkeit also uber simulatio partialis.

Am Anfang ein paar Worter uber simulatio. Ich habe daruber schon geschrieben. Es gibt einen Unterschied zwischen das was eine Person will (der Wille ist die Ursache der Eheschliessung) und dem was sie sagt. Jedoch ist sie bewusst dem Unterschied. Die Art des Auschlusses (simulatio partialis oder simulatio totalis) ist mit einem Grundsatz gebunden, der fur simulatio partialis lautet: volo contrahere sed aliter. Also einerseits, will eine zukunftige Frau eine Ehe schliessen, andererseits schliesst sie die Unaufloslichkeit der Ehe aus. Sie will keine Unaufloslichkeit. Dasselbe betrifft auch einen Mann.

Man kann eine Frage stellen, um besser solche Situation zu verstehen, was mit z.B. den Menschen ist, die ihrer Religion nach die Unaufloslichkeit nicht anerkennen. Naturlich sollen wir uns mit jedem Fall beschaftigen. Noch einmal gibt es einen Unterschied zwischen Anschauungen (eine Person kann meinen, dass es gut ist, dass es Scheidung gibt) und dem Willen der Person (die Person, indem sie eine Ehe schliesst, will das, was gegen ihre Anschauungen ist, also will sie Unaufloslichkeit). Wie Sie bemerken konnen, machen wir einen Eindruck auf den Willen, weil er die Ursache der Eheschliessung ist. Es genugt nicht, wenn eine Person nur denkt, sie soll auch das wollen, was sie denkt. Hier ist es auch wichtig Liebe. Wenn die Menschen sich lieben, obwohl sie allgemein fur die Scheidung sind, wollen sie bis zum Tod zusammen sein.

Es gibt verschidene Moglichkeiten, dadurch schliessen die Menschen Unauloslichkeit auf. Jedoch ist das ein anderes Thema.

Sie fragen auch, auf welche Weise Sie das Titel beweisen konnten. Einmal habe ich schon daruber auch geschrieben. Es geht um Umstande vor der Eheschliessung (hier soll man uberlegen, ob zwischen Ihnen Liebe war; es gibt also Zeugen, Ihre Aussagen u.s.w.), Umstande wahrend der Eheschliessung (z.B. Ihr Benehmen), und nach der Eheschliessung (es ist wichtig auch dabei zu beweisen, dass wenn es welche Probleme gab, haben sie nicht versucht, diese Probleme auszulosen).
Anke

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Anke »

Eine Nachfrage habe ich noch.
Die Entscheidung zu heiraten ist doch eine grundsätzliche bezüglich einer Partnerschaft. Wenn die Ehe scheitert heißt das doch nicht, dass man die grundsätzliche Entscheidung in einer Partnerschaft zu leben, revidiert hat. Nur die Beziehung zu einem bestimmten Menschen ist gescheitert. Mir kommt es so vor, dass mir in meine kirchliche Eheschließung mehr hineininterpretiert wird, als ich wirklich gesagt und gemeint habe. Man kann mich doch aber nur an dem messen, was ich auch wirklich versprochen habe und nicht an dem was andere meinen, was ich versprochen haben müßte. Ein Treueversprechen einem abstrakten Eheband gegenüber habe ich nicht abgegeben. Auch will mir als Christin nicht einleuchten, dass ich auf den Tod meines Ex-Mannes warten bzw. hoffen muss, um wieder heiraten zu können. Mir kommt das alles wie juristische Winkelzüge vor, nur um mich des Ehebruchs zu überführen.
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Wahrend des Prozesses beschaftigen wir uns mit jeder Ehesache, das heisst man muss jeden einzelnen Fall untersuchen. Auch wenn es um den Auschluss geht, untersucht man ob X die Y heiratet, z.B. Unaufloslichkeit auschliesst. Es gibt auch eine Vermutung, wir vermuten, dass das was eine Person wahrend der Eheschliessung sagt oder zeigt - stimmt dem Willen der Person zu. Sie sollen also beweisen, dass es keine Wahrheit war.

Ein paar Worter, die nicht so juristisch lauten. Wenn ich eine Person heirate, will ich mit der Person bis zum Tod sein, ich will keine andere heiraten, denn ich denke, dass diese Person ideal ist. Ich meine auch, dass die Person dasselbe denkt und will.
Alfons Benda

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Alfons Benda »

Die Eheannulierungsverfahren sind mehr als nur ein juristisches Gerichtsverfahren. Es geht auch darum ein erneutes Scheitern zu verhindern. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ein solches Verfahren sehr befreiend ist. Man sollte auf jeden Fall ein seelsorgerliches Gespräch (Beichtgespräch) und je nach Verlauf der gescheiterten Ehe auch eine Psychotherapie vorschalten. Es ist ja auch nicht so, dass dies in anderen christlichen Kirchen bzw. Gemeinschaften eine erneute Ehewschließung möglich ist. Auch die evangelische Kirche verlangt zunächst vor einer erneuten Eheschließung ein seelsorgerliches Gespräch, auch wenn dort die Ehe nicht als Sakrament anerkannt wird. Interessant ist die ursprüngliche Praxis der katholischen Kirche, wie sie heute noch in der Ostkirche fortlebt. Eine Wiederverheiratung nach Scheidung war erst nach 3 Jahren Bußzeit möglich. Heutige Psychologen sagen, dass ein Mensch ca. 3 Jahre braucht um eine Scheidung seelisch zu verkraften. Diese alte Praxis war zum Wohl der Menschen bestimmt. Generell denke ich, dass die Lehre der Kirche generell das Wohl der Menschen im Auge hat. Jesus hat sich ja gerade gegen die laxe jüdische Praxis, Ehen nach Belieben einzugehen und wieder aufzulösen, gewandt. Extreme Fälle von Mißhandlungen, notorisches Fremdgehen, Drogensucht, Konsumrausch, Verschwendungssucht sind ja auch vom Kirchenrecht als Nichtigkeitsgründe anerkannt, wenn sie spätestens bei Abschluss der Ehe latent vorlagen. Es ist doch also nicht so, dass die katholische Kirche die Menschen vor die Alternative stellt: Aushalten und zugrunde gehen oder allein bleiben. Das Problem der wiederverheiratet Geschiedenen würde sich doch deutlich verkleinern, wenn alle Geschiedenen Ehenichtigkeitsverfahren anstreben würden. Wenn jetzt schon ca. 75 % der Verfahren erfolgreich sind, wobei dies Menschen sind die einen Bezug zur Kirche haben, wie hoch ist der Prozentsatz erst dann, wenn auch diejenigen Verfahren anstreben, die nur zum schönen Schein kirchlich geheiratet haben. Wie soll jemand gültig heiraten, der kurz nach der Eheschließung aus der Kirche austritt und vielleicht kurz vorher auch erst wieder eingetreten ist. Ich denke wir sollten die Möglichkeiten, die unsere Kirche bietet auch nutzen. Ich selbst habe ein solches Verfahren gemacht und bin froh darüber. Mir wurde sehr wohlwollend begegnet und mein Pfarrer hat mich begleitet. Ich konnte wieder kirchlich heiraten und bin jetzt sehr glücklich. Ich kann nur allen raten diese Möglichkeit wahrzunehmen, damit man nicht wieder blind in die nächste Beziehung hineinstolpert. Es ist gut wenn jemand Drittes objektiv über die eigene Lebensgeschichte schaut. Ich habe das Verfahren weniger als Gerichtsverfahren, sondern vielmehr als eine Gesprächstherapie empfunden.
Anke

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Anke »

Ich habe noch eine Nachfrage: Wenn ich generell der Ansicht bin, dass es unter gewissen Umständen gerechtfertigt ist sich scheiden zu lassen, habe ich dann einen Scheidungsvorbehalt? Herr Bolesta unterscheidet hier zwischen der generellen Ansicht und dem konkreten Scheidungsvorbehalt bei Eheschließung. Dies ist doch aber das selbe. Wenn ich der generellen Auffassung bin, dass dies möglich sein soll, dann soll das doch auch für mich gültig sein. Andernfalls würde ich anderen mehr einräumen als mir selbst. Da müßte ich masochistisch oder schizophren sein.
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeitsverfahren

Beitrag von Arletta Bolesta »

Noch einmal. Bei dem Auschluss der Unaufloeslichkeit kann man verschiedene Probleme treffen, die z.B. anderen Glauben betreffen. Protestanten stimmen dem zu, dass es Scheidung in ihrer Kirche gibt. Diese Probleme koennen auch die Menschen betreffen, die nur solche Meinung haben, obwohl sie Katholiken sind. Sie koennen finden, dass es endlich gut ist, dass es Scheidung gibt. Wenn es schlecht ist, dann muessen die Menschen zusammen nicht sein. Bedeutet das, dass sie die Unaufloeslichkeit ausschliessen? Nein. Denn die Menschen, wenn sie selbst die Ehe schliessen, koennen die Unaufloeslichkeit versprechen, sie wollen mit dem Ehepartner bis zum Tod sein. Es geht nicht um die Anschauungen, die allgemein sind, sondern um den Willen, der greifbar ist. Der Wille ist die Ursache der Eheschliessung.

Bei dem Ausschluss ist es wichtig, dass eine Person, die etwas auschliesst, des bewusst ist. Also weiss sie, dass die Unaufloeslichkeit mit der Ehe gebunden ist, trotzdem schliesst sie sie aus. Sie will diese Eigenschaft nicht.
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