Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

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Ludger
Beiträge: 8
Registriert: Dienstag 6. April 2010, 16:23

Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

Beitrag von Ludger »

Sehr geehrter Herr Ihli,

ich habe Ende letzten Jahres dummerweise kirchlich geheiratet. Wir sind beide katholisch. Schon vor der standesamtlichen Trauung (war ca. 4 Wochen vor der kirchlichen Trauung) wollte ich unbedingt einen Ehevertrag mit Gütertrennung. Ich redete z.B. mit meiner zukünftigen Frau und ihren Eltern darüber, daß es ja zu einer Scheidung kommen könnte und sollte es doch so gerecht wie möglich zugehen, weil wir beide vermögende Eltern haben. Tatsache ist aber, daß ich mich schon vor dem Standesamt nicht mehr über die Hochzeit gefreut habe und mir mit dem Ehevertrag einen leichteren Weg aus der Ehe schaffen wollte. Ich dachte mir, daß ich mich dann bald wieder scheiden lassen kann, wenn ich es nicht mehr in der Ehe aushalte. Als mein zukünftiger Schwiegervater dann fragte, daß man ja, wenn man schon vor der Hochzeit über Scheidung spricht erst gar nicht heiraten muß, schwieg ich kurze Zeit und log ihn dann an. Ich meinte wenn sie nicht unterschreibt, dann heiraten wir halt trotzdem. Am Abend vor der kirchlichen Trauung fragte ich meinen Trauzeugen traurig: "Wieso hast du mich nie gefragt ob das mit der Hochzeit etwas früh ist?". Darauf meinte er nur, daß er dachte ich hätte mir das schon gut überlegt. Darauf sagte ich nichts mehr. Wir waren nicht einmal ein Jahr zusammen und haben dann schon geheiratet. Kurz vor der standesamtlichen Trauung habe ich dann noch versucht meiner Verlobten untreu zu werden, weil sie den Ehevertrag nicht unterschreiben wollte. Zudem informierte ich bei einem Freund, der geschieden ist, über eine Scheidung. Das war auch vor der Hochzeit. Meine Eltern wußten auch, daß ich nicht mehr heiraten wollte. Wenn ich mich richtig erinnere meinte meine Mutter noch, daß ich heiraten wollte und das jetzt auch müßte. Ich meinte vor dem Standesamt noch, daß ich mich innerhalb der nächsten drei Jahre scheiden lasse werde, wenn sie keinen Ehevertrag unterschreibt.
- Wie sollte ich vorgehen?
- Kann man so argumentieren, daß die Unauflöslichkeit der Ehe auf mich nicht zutraf? Für mich war ja klar, wenn ich mit ihr nicht klar komme, dann lasse ich mich scheiden.
- Auch die Fürsorgepflicht der Ehegatten war doch meiner Meinung nach bei mir nicht gegeben, denn bei der Gütertrennung im Ehevertrag wollte ich ja, daß sie z.B. auf Unterhalt verzichtet und sie so weit wie möglich nichts von mir bekommt. Sehe ich das richtig.
- Wie ist das mit dem Treueversprechen, wenn ich schon vor dem Standesamt versuchte ihr untreu zu werden?
Ich war wirklich so blind vor lauter Verliebtheit.
Außerdem hatte ich dann Angst vor der Hochzeit einen Rückzieher zu machen, vor allem wegen meinem Schwiegervater, vor ihm, aber auch vor meiner Verlobten und meiner Schwiegermutter hatte ich einfach Angst vor ihren Reaktionen.
- Wo ist nochmal der Unterschied zwischen einer Ehenichtigkeit und einer Eheannulierung?
- Welche Chancen habe ich, daß diese Ehe annuliert wird und wie sollte ich vorgehen?
- Bei uns fehlte auch am Tag der Trauung der Entlassschein, weil wir außerhalb unserer Heimatgemeinde heirateten. Damit hatten wir doch keine Trauerlaubnis unseres Heimatpfarrers, wir wurden ja von einem anderen Pfarrer getraut. Ist der fehlende Entlassschein ein Vorteil?

Danke für Ihre Hilfe
Arletta Bolesta

Re: Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

Beitrag von Arletta Bolesta »

Guten Tag,
indem wir ueber den Ausschluss der Unafloeslichkeit sagen, geht es darum, dass eine Person, die diese Eigenschaft der Ehe ausschliesst, die Unaufloeslichkeit nicht will (also geht es um den Willen), mit anderen Woertern: sie will mit zukuenftiger Frau (oder zukuentfigem Mann) bis zum Ende des Lebens nicht sein.
Ich glaube, dass Sie diese Eigenschaft auch ausgeschlossen haben. Sie schreiben, dass Sie die Unaufloeslichkeit nicht gewollt haetten.

Beim Prozess aufgrund des Ausschlusses muss man nach verschiedenen Umstaenden greifen, die vor der Trauung, waehrend, und nach der Trauung gewesen sind. Sie schreiben z.B. uber verschiedene Gespraeche vor der Trauung mit der zukuenftigen Frau, den Schwiegereltern, Ihren Eltern, Trauzeugen, Sie schreiben auch darueber, dass Sie sich auf die Trauung nicht gefreut haetten, dass Sie nicht treu gewesen sei, endlich schreiben Sie vom Ehevertrag mit Guetertrennung. Alle schaffen Umstaende vor der Eheschliessung. Sie sollen auch vorschlagen diese Personen, damit sie Zeugen sein werden, damit sie Ihren Ausschluss bestaetigen. Wenn es um die Umstaende nach der Eheschliessung geht, soll man auch davon sagen, ueberhaupt: wie lange Ihre Ehe gedauert hat, wer als die Erste in der Ehe nicht leben wollte, warum u.s.w. Sie haben auch geschrieben, dass wenn Sie in der Ehe nicht aushalten wuerden, dann wuerden Sie sich scheiden lassen. Man muss also beweisen, dass die Scheidung sicher war, dass die Scheidung von diesen Ursachen abhaengig war. Sie koennen auch ein bisschen genauer schreiben, was fuer Sie bedeutet, dass Sie in der Ehe nicht aushalten.

Sie fragen auch ueberhaupt nach Eheprozess. Am meisten beschaeftigt sich dieses Offizialat mit einer Ehesache, dessen Zustaendigkeit mit der Eheschliessungsplatz oder Wohnsitz zweiter Partei gebunden ist. Sie fragen auch nach Ehenichtigkeit und Eheannulierung. Im kirchlichen Prozess sagt man von der Ehenichtigkeit, das bedeutet, dass die Ehe von Anfang an nicht gueltig war. Waehrend Scheidung (im zivilen Prozess) sagt man dagegen von Annulierung, die bedeutet, dass die Ehe ungueltig wird (also war sie frueher gueltig).

Sie fragen auch nach kanonischer Form der Eheschliessung. Gewoenlich schliessen die Menschen die Ehe dort, wo sie staendigen oder zeitlichen Wohnsitz haben, oder wo sie mindenstens schon einen Monat wohnen. Sie koennen natuerlich auch die Ehe in einem anderen Platz die Ehe schliessen, aber sie sollen dann Trauererlaubnis bekommen.

Ich finde, gehen Sie ins kompetente Offizialat, um diese Argumente darzustellen, weil Sie einen Grund haben, sich um die Ehenichtigkeitserklaerung zu bemuehen.

Mit herzlichen Gruesen
Arletta Bolesta
Ludger
Beiträge: 8
Registriert: Dienstag 6. April 2010, 16:23

Re: Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

Beitrag von Ludger »

Sehr geehrter Herr Ihli, sehr geehrte Frau Bolesta,

hat man beim zuständigen Offizialat nur einmal die Möglichkeit vorzusprechen und sich beraten zu lassen oder ist das öfter möglich?

Zudem weiß ich noch nicht ob der erst nach der Trauung angeforderte Entlassschein (ca. 1 Monat später wurde er unterschrieben) ein Formfehler ist. Liegt hier ein Formfehler vor?

Ist meine Information eines befreundeten Geistlichen richtig, daß man im Notfall auch ohne Ehenichtigkeitsprozeß die Ehefrau und wenn vorhanden, Kinder zurücklassen könnte, wenn in einem die Berufung zum Priestertum verspürt wird. Wäre das wirklich möglich, wenn man sich dann natürlich verpflichtet z.B. zölibatär zu leben, also ohne irgendeine Frau?

Im Falle des Todes der Frau würde das Eheband nicht mehr bestehen, dann könnte man doch, bei entsprechender guter Versorgung eventueller Kinder, sich als Priesteramtskandidat bewerben, oder? Das Alter des Mannes ist dann glaube ich auch egal, oder?

Von meiner Kindheit an wollte ich immer Priester werden, nur deshalb habe ich z.B. Abitur gemacht. Wenn ich noch Zeit für mein Hobby gehabt hätte, hätte ich diesen Weg auch konseqent weiterverfolgt. Heute weiß ich, daß ich mich nicht an diesem Hobby hätte festhalten dürfen. Damals war ich dumm und sah es als ungerecht an, wenn ich nur noch Zeit für Theologiestudium und Priesterseminar aufwenden muß. Damals dachte ich nicht daran, daß es ja beispielsweise um das Himmelreich und um den Dienst am Nächsten geht.

Was raten Sie mir? Besonders in meinem kirchlichen Dienst und im Gebet verspüre ich den Ruf Gottes. Ich merke es jedesmal, wenn ich ihm dienen darf, dann geht es mir am besten.

Was war das für ein Fall in der Schweiz (ich glaube in Chur), wo ein seit vielen Jahren verheirateter Mann und Vater mehrerer Kinder noch katholischer Pfarrer werden konnte? Wie konnte das gehen? Natürlich wurde diese Ehe annuliert oder für nichtig erklärt, aber unter welchen Umständen?


Für Ihre Hilfe danke ich Ihnen sehr.

Mit herzlichen Grüßen
Gast

Re: Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

Beitrag von Gast »

Sehr geehrter Herr Ludgar,
wenn es um eine Beratung beim zustaendigen Offizialat geht, sieht sie normalerweise so aus: zu Beginn werden Sie nach einem ausfuehrlichen Gespraech ein Titel der Ehenichtigkeit (eine Ursache oder Ursachen der Ehenichtigkeit) bekommen. Waehrend des Eheprozesses koennen Sie immer zustaendige Arbeiter fragen, sie stehen zu Ihrer Verfuegung. Ich kann Ihnen jedoch empfehlen, damit Sie sich um einen Anwalt bemuehen, der Ihnen bei Ihrer Ehesache helfen wird (die Offizialaten sollen eine Anwaltsliste haben).

Nach dem Tod eines Ehepartners (einer Ehepartnerin) und vor dem Eheprozess gibt es natuerlich schon keinen Ehebund.

Nach dem Tod des Ehepartners (der Ehepartnerin) oder nach der Ehenichtigkeitserklaerung (d.h. nach zwei positiven Urteilen) koennen Sie sich um Weihe bemuehen, jedoch sollen Sie das Leben der Kinder versorgen. Wissen Sie, es waere sich schwer zu vorstellen, auch vom Standpunkt Ihrer Berufung aus, wenn Sie am Anfang der Vater gegenueber den Kindern nicht sein werden, das ist Ihre erste Pflicht. Sie wissen, dass Sie dem Gott auch als Vater dienen koennen, nicht nur als Geistlicher.

Wenn es um den Entlassschein geht, schreiben Sie, dass er erst nach 1 Monat unterschrieben worden sei, am wichtigsten ist es (dabei gibt es verschiedene Meinungen), damit er ausdruecklich ist, die spezielle Uebertragung soll eine bestimmte Ehe betreffen, und die allgemeine Uebertagung soll eine schriftliche Form haben.

Mit freundlichen Gruessen
Arletta Bolesta
Admin
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Re: Ehenichtigkeit bzw. Eheannulierung

Beitrag von Admin »

Aus Ihrer Argumentation geht durchaus hervor, dass bei Ihnen ein relevanter Ausschluss der Unauflöslichkeit der Ehe vorgelegen haben dürfte. Es kommt dann eher auf die Beweisbarkeit an. Hierfür haben Sie Zeugen anzuführen, die entweder direkt etwas darüber berichten können, dass Sie die Unauflöslichkeit Ihrer Ehe für sich ausgeschlossen haben, oder die zumindest davon wissen, dass Sie so schwere Heiratsbedenken gehabt haben. Ein Ehevertrag ist in diesem Zusammenhang ein Indiz, das für einen Vorbehalt gegen die Unauflöslichkeit der Ehe sprechen kann, aber nicht muss; es sind durchaus Situationen denkbar, wo der Abschluss eines Ehevertrages jedenfalls ratsam wäre, auch wenn die Unauflöslichkeit der Ehe persönlich akzeptiert wird. Auch der Wunsch nach einer Untreue kann ein Indiz darstellen. Ob bei Ihnen ein Ausschluss der Untreue im eigentlichen Sinne, also als eigenständiger Nichtigkeitsgrund, vorliegt, können Sie am besten selber beurteilen. Auch dies wäre entsprechend zu beweisen. Da Sie vor der Heirat umfangreiche Kontakte in Ihrem Umfeld hattgen, scheint mir ein Beweis bei Ihnen kein allzu großes Problem zu sein.

Dass Sie keine sogenannte Traulizenz, d. h. Trauerlaubnis (oder, wie Sie schreiben, Entlassschein) hatten oder diese erst später ausgestellt wurde, berührt die Gültigkeit der Ehe nicht, da es sich beim Heiratsort nicht um eine zwingende Vorschrift handelt. Relevant ist diesbezüglich nur die Vollmacht des assistierenden Geistlichen und die Anwesenheit zweier Trauzeugen.

Eine Weihe ist erst nach Auflösung des Ehebandes möglich. Dies ist in der Tat auch nach dem Tod der Ehefrau der Fall, oder eben nach einem erfolgreichen Nichtigkeitsverfahren mit zwei gleichlautenden Urteilen, die die Nichtigkeit der Ehe feststellen. Die Kinder aus der Ehe müssen versorgt sein. Über die Nichtigkeitsgründe des Churer Falles ist mir nichts bekannt. Freilich ist zuzugeben, dass dieser Bereich etwas heikel ist und nicht restlos konsequent durchgehalten wird, insofern Männer, die in einer anderen christlichen Kirche ein Pfarramt innehatten und zum katholischen Glauben konvertieren, weiterhin auch als Verheiratete priesterlich wirken können (z. B. ehemals evangelische Pfarrer, anglikanische Priester).

Zwischen Nichtig(keits)erklärung und Annullierung besteht im Kontext der kirchlichen Eheverfahren begrifflich kein Unterschied, das eine ist einfach der deutsche, das andere der lateinische Begriff und wird auch nebeneinander verwendet. Richtig ist, dass dabei nicht etwas nachträglich für ungültig erklärt wird, sondern lediglich festgestellt wird, dass die Ehe gar nie gültig zustandegekommen ist. Dieser Zustand bestand also schon immer, war nur noch nicht ermittelt und festgestellt.

Eine Beratung ist natürlich mehrfach möglich. Auch ist denkbar und kommt immer wieder vor, dass eine Person mehrere Nichtigkeitsverfahren nacheinander führt, wenn das erste nicht erfolgreich war, danach aber noch Anhaltspunkte für weitere Nichtigkeitsgründe auftauchen (in einem Verfahren können auch gleich mehrere Nichtigkeitsgründe behandelt werden). Ich möchte Sie also zu einem Beratungsgespräch am zuständigen Offizialat ermutigen. Dabei sollten Sie durchaus auch Ihren Wunsch nach einer Priesterweihe ansprechen. Gerade dieser Wunsch scheint mir einen wesentlichen Grund dafür darzustellen, dass Sie sich um ein Verfahren bemühen sollten. Wenn Sie schon immer den Wunsch nach einer Priesterweihe verspürt haben und jetzt realisieren, dass Ihr bisheriger Weg falsch war, sollten Sie alles tun, um Ihre eigentliche Berufung doch noch zu verwirklichen, um geistlich an Ihr Ziel zu kommen und nicht dauerhaft ein Suchender zu bleiben.

Stefan Ihli
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